Falsche Microsoft-Anrufe: Deutsche Ermittler sprengen Betrügerring – in Indien
Tausende Deutsche haben in den vergangene Monaten betrügerische Anrufe von angeblichen Microsoft-Mitarbeitern bekommen. Jetzt haben Staatsanwaltschaft Osnabrück und Landeskriminalamt Hannover die mutmaßlichen Täter ausfindig und dingfest gemacht – in Indien.
Der angebliche Anruf von Microsoft: Ungezählte Deutsche hatten ihn in den vergangenen Monaten bekommen: Die Täter riefen ihre Opfer an, gaben sich als Mitarbeiter von Microsoft aus und erklärten in englischer Sprache, dass ihr Computer mit einem Virus infiziert, die Lizenz abgelaufen sei, oder defekt sei. So brachten sie die Betroffenen dazu, ein Fernsteuerungsprogramm herunterzuladen, das den Zugriff auf den Rechner ermöglicht.
Nach der angeblich vorgenommenen Reparatur verlangen die Täter einen relativ geringen Geldbetrag per Online-Überweisung. Sobald der Angerufene seine Finanzdaten in eine Maske eingab, erhöhten die Betrüger die Summe unauffällig, so die Polizei. Der Schaden pro Fall lag zwischen 180 und 250 Euro. Weigert sich der Angerufene, zu bezahlen, löschten die Täter ihm Daten auf dem Rechner. In Einzelfällen wurde der Rechner auch mit einem Kennwort gesperrt.
Allein in Niedersachsen konnten bisher 779 Geschädigtedieser Betrugs-Masche ermittelt werden, im gesamten Bundesgebiet seien aktuell 7647 Opfer bekannt – wohl nur die Spitze des Eisbergs. Die Gruppe war mit ihren sogenannten Microsoft-Technical-Support Calls nämlich weltweit tätig.
Dass die Täter von Callcentern in Indien aus agierten, schreckte die ermittelnden Fahnder aus Niedersachsen nicht ab. Aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Osnabrück fand schließlich eine Durchsuchung in Kalkutta in Indien statt. Daran nahmen mehrere niedersächsische Beamte teil – und die Cybercrime-Sondereinheit der Polizei in Kalkutta. Die länderübergreifende Zusammenarbeit in diesem Fall sei „intensiv und kompetent“ gewesen, loben die deutschen Fahnder.
Allein in einem der bei laufendem Betrieb durchsuchten Call Center wurden 250 Arbeitsplätze festgestellt, von denen aus die betrügerischen Anrufe erfolgt sein sollen. Nach Einschätzung der Ermittler erfolgten die Abzock-Anrufe dort von allen Arbeitsplätzen aus. Die einzelnen Callcenter wurden außer Betrieb gesetzt, sämtliche Rechner wurden sichergestellt.
Dies wirkte sich auf die Fallzahlen spürbar aus: Unmittelbar nach der Durchsuchung seien die Strafanzeigen wegen betrügerischer Microsoft-Anrufe „merklich“ zurückgegangen.
Sieben Beschuldigte befinden sich aktuell in Indien in Haft. Davon sind zwei Betroffene Vermieter der Callcenter, die anderen fünf sind deren Betreiber.
Die Staatsanwaltschaft in Kalkutta hat ein sogenanntes Spiegelverfahren eröffnet und aufgrund der Erkenntnisse der deutschen Behörden vor einem indischen Gericht inzwischen gegen die Täter Anklage erhoben.