Neue Zielgruppe: So kassieren Dialer-Anbieter Jugendliche und Schüler ab
Dass Dialer nicht nur auf Erotik- und Hackerseiten zu finden sind, ist bekannt. Jetzt aber scheinen einige Dialer-Anbieter zunehmend eine neue Zielgruppe zu entdecken: Jugendliche und Schüler.
Auf ein Paradebeispiel dieser Art wurde Dialerschutz.de jetzt von besorgten Eltern aufmerksam gemacht – eine Internetseite, die nach eigenen Angaben Hausaufgaben und Referate anbietet. Dass dafür Kosten von 1,86 Euro pro Minute fällig werden, erfährt die junge Zielgruppe erst auf den zweiten Blick. “Referate, Facharbeiten, Hausaufgaben, Klausuren”: Quasi alles, was Schüler und Studenten täglich benötigen, wird auf der Seite “Schulstadt.com” beworben. Das bunte, harmlose Layout der Startseite ist geradezu auf eine junge Zielgruppe ausgerichtet. Dass man sich mit kopierter Facharbeiten oder Referate an Schule und Uni eine glatte “6” einhandeln kann, wird auf der Homepage ebenso wenig thematisiert wie die Kosten dieser “Dienstleistung”.
Die flotten Sprüche auf der Seite gipfeln stattdessen in der Aufforderung, sich ein “kostenloses Zuganschulstadt.com
gstool” herunterzuladen. Dass sich Anwählprogramme schon bei der Bereitstellung “als solche Anwählprogramme klar zu erkennen geben” müssen, wie es die Regulierungsbehörde fordert, scheint den Anbieter nicht zu stören: Weder ist beim Downloadlink von einem Dialer die Rede, noch wird darauf hingewiesen, dass die Einwahl darüber mit erhöhten Kosten verbunden ist.
Auch die meisten Links auf der Seite führen unmittelbar zur Aufforderung, dieses “Zugangstool” herunterzuladen. Erst, wenn der betroffene junge Surfer den Dialer schon auf dem PC heruntergeladen hat (oder wenn er AGB oder Impressum aufruft), wird er über die Kosten informiert.
Ganz klein in der unteren Leiste auf dem Dialer ist zu erkennen, dass die Einwahl über eine 0190-Nummer läuft und dass die Einwahl mit 1,86 Euro pro Minute abgerechnet wird. Die Einwahl selbst wird dem Surfer umso einfacher gemacht: Ein Klick auf auf “Ja, weiter” genügt, und die Einwahl beginnt. Eine Möglichkeit, die Einwahl jetzt noch abzubrechen, haben wir bei unserem heutigen Test nicht gefunden.
“Abgekupferte” Hausarbeiten und Referate, zum Preis von 1,86 Euro pro Minute: So manche Eltern werden aus allen Wolken fallen, wenn sie auf ihrer Telefonrechnung entdecken, worauf ihre Kinder hereingefallen sind. Für Dialerschutz.de war diese Seite Anlass, die entsprechenden Stellen einzuschalten. Wir haben unter anderem die Schulen angeschrieben, die auf schulstadt.com verlinkt sind und der Seite offenbar den Touch eines seriösen Angebots geben sollen. Die Reaktionen waren nicht überraschend: “ Wir wurden vom Anbieter im Vorab nicht über die Verlinkung unserer Schule informiert und wir sind mit der Verlinkung unserer Seite in diesem Kontext auch nicht einverstanden”, teilte uns etwa die Schiller-Oberschule mit. “Bezüglich Ihrer Anfrage können wir Ihnen mitteilen, dass wir doch überrascht sind, dass unsere Einrichtung mit einem entsprechenden Eintrag in der Internet Seite auftaucht. Wir sind darüber weder informiert worden, noch haben wir unser Einverständnis dazu erteilt. Einer solchen Verlinkung würden wir auch nicht zustimmen wollen”, erklärte Rudolf Steiner Schule Hamburg-Altona e.V. Und auch die Klaus-Harms-Schule in Kappeln sei mit ihrer Verlinkung auf dieser Seite “nicht einverstanden”, betonte dort Oberstudienrat Jochen Wilms.
Dialerschutz.de hat neben den betroffenen Schulen und der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post auch den Bundesverband der Verbraucherzentralen, die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, sowie das Bundesbildungsministerium informiert. Über den weiteren Fortgang informieren wir an dieser Stelle.
Ergänzung vom 17. Oktober 2003: Unser obiger Bericht vom 7. Oktober hat ein breites öffentliches Echo ausgelöst. Unter anderem griffen Medien wie spiegel online, teltarif, MDR, Antenne Bayern und Hessischer Rundfunk dieses Thema auf. Bei einer nochmaligen Überprüfung der Seite schulstadt.de am heutigen 17. Oktober haben wir festgestellt, dass der Betreiber von schulstadt.de nun offensichtlich nachgebessert hat. So fehlt mittlerweile das irreführende Wort „kostenlos“ bei der Aufforderung, sich das „Zugangstool“ herunterzuladen. Ebenfalls wird jetzt auf der Seite deutlich gemacht, dass der Zugang mit erhöhten Kosten von 1,86 Euro pro Minute verbunden ist. Dialerschutz.de begrüßt diese (nachträglichen) Änderungen im Sinne des Verbraucherschutzes. Ob sich der Anbieter aus eigener Motivation dazu entschieden hat oder erst durch den großen öffentlichen Druck dazu bewegt wurde, kann von unserer Seite freilich nicht beurteilt werden.