Dubiose Rechnungen über 69,95 Euro, oder: So funktioniert der neue „Hanseaten-Dialer“
„Verbraucherschützer warnen vor Rechnungen der Hanseatische Abrechnungssysteme GmbH Hamburg.“ Das meldeten diese Woche die Nachrichtenagenturen. Was sie nicht meldeten: Hinter diesen Rechnungen steckt nichts anderes als ein „zweckentfremdeter“ Dialer. Wir haben uns das mehr als ungewöhnliche Abrechnungssystem näher angesehen.
Auch bei Dialerschutz.de gingen in den vergangenen Tagen mehrfach Meldungen von verblüfften Usern ein, die Post aus Hamburg erhalten hatten. Tenor der Briefe: Die Betroffenen hätten sich für ein „Internet Portal, Flatrate“ angemeldet. Für den Monatszugang werden 69,95 Euro in Rechnung gestellt. Quasi als „Beweis“ nennt die Firma in den Schreiben die „registrierte Telefonnummer“ des Betroffenen und das Datum des „Erstzugangs“. „Die massenhafte Versendung der Bescheide, auch an vermeintliche Kunden in anderen Bundesländern, ließen Zweifel an der Rechtmäßigkeit aufkommen“, wird die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt von den Agenturen zitiert. Empfänger sollten sich nachweisen lassen, dass tatsächlich ein Vertrag geschlossen wurde.
Das freilich dürfte den Hanseaten möglicherweise schwer fallen. Denn sie begründen ihren Anspruch offenbar auf eine Dialereinwahl zu einer Frankfurter Ortsnetznummer. Konkret verwendet wird dabei ein Dialer des spanischen Betreibers Sun Infomedia S.L. (Crosskirk). Das Einwählprogramm ist nicht bei der Regulierungsbehörde registriert, installiert sich auf dem PC unter Namen wie „st-olb00001“ oder ähnlich, verfügt nicht über die – in Deutschland vorgeschriebenen – OK-Abfragen und wählt sich nach Bestätigung des Sicherheitszertifikats automatisch ein – im vorliegenden Fall über die Frankfurter Nummer 069-42726998
Der Trick dabei: Über die Nummer des Anschlusses, von dem aus die Einwahl erfolgt, findet die Hamburger Firma offensichtlich die Adresse des Anschlussinhabers heraus. Dem flattert dann wenig später die Rechnung ins Haus.
Das Abrechnungssystem der Hanseaten erinnert verblüffend eine Masche, die Mitte Oktober bei vielen Internetsurfern für Aufregung sorgte. Damals wurde ein Dialer verwendet, der sich über eine kostenlose 0800-Nummer einwählte (Dialerschutz.de berichtete). Ob zwischen der „Hanseatische Abrechnungssysteme GmbH“ und der damals verantwortlichen „STT Telekom“ mit Sitz in Dänemark ein Zusammenhang besteht, ist unklar. Fakt ist: Bislang ist uns kein Fall bekannt, in dem einer der damals Betroffenen bei Verweigerung der Zahlung einen Mahnbescheid bekommen hätte.
Dialerschutz.de ist bisher nur eine Internetseite bekannt, auf der der „069-Dialer“ eingesetzt wird. Auf dieser informieren die Hanseaten auch tatsächlich über ihre Vertragsbedingungen. Umso mehr erstaunt die hohe Zahl der User, denen in den vergangenen Tagen Rechnungen aus Hamburg ins Haus flatterten. Ob der 069-Dialer auch auf andere Art und Weise verbreitet wird, ist unklar. Das wiederum wäre nicht ungefährlich. Denn eine herkömmliche Sperre von Mehrwertnummern schützt nicht vor Einwahlen über eine ganz gewöhnliche Festnetznummer.
Wer sich durch dieses zumindest ungewöhnliche Abrechnungsmodell getäuscht oder betrogen fühlt, sollte der Rechnung per Einschreiben widersprechen und dabei darauf hinweisen, dass hier ein nicht registrierter Dialer eingesetzt wurde. Gleichzeitig sollte das Einwählprogramm zu Beweiszwecken gesichert werden. Der Dialer, der das Symbol eines kleinen roten Türchens hat, legt sich unter C:Windows ab. Damit verbunden ist ein ActiveX-Control im Ordner C:WindowsDownloaded Program Files. Letztlich sollte auch die Regulierungsbehörde über diese Art des Einsatzes von Dialern informiert werden.