Dialer-Missbrauch: Wissenschaftler fordert gesetzliche Klarstellung
Wie können Verbraucher besser vor dem Missbrauch von Dialern und Mehrwertnummern geschützt werden? In dieser ständigen Diskussion hat sich jetzt der Rechtswissenschaftler Alexander Koch von der Universität Bonn zu Wort gemeldet. Er kommt zum Schluss, dass die neuen Regelungen des Mehrwertdienstegesetzes noch immer „zu kurz greifen“. Weil auch das oft geforderte Inkassoverbot bei Missbrauchsfällen „rechtspolitisch ungeeignet“ sei, die Probleme zu lösen, fordert Koch nun eine Klarstellung im neuen Telekommunikationsgesetz.
Koch ist seit 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für europäische Integrationsforschung (ZEI) der Universität Bonn. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Fragen des nationalen und internationalen Telekommunikations- und Multimediarechts. In einem aktuellen Aufsatz in der „Zeitschrift für Rechtspolitik“ (Heft 1/2004, S. 5-7) befasst sich Koch mit der Frage, wie Verbraucher effektiver vor dem Missbrauch von Dialern und teuren Nummern geschützt werden können. Dabei stellt er fest, dass „entgegen der Ansicht vieler Gerichte eine Täuschung oder ein sonstiges sittenwidriges Verhalten des Mehrwertdiensteanbieters keinesfalls dazu führt, dass der Kunde nicht zur Zahlung verpflichtet ist. Vielmehr kann der Rechnungssteller den Abspruch in voller Höhe durchsetzen, unabhängig von möglichen Einreden und Einwendungen, die das Verhältnis zum Mehrwertdiensteanbieter betreffen.“ Koch begründet das mit der oft zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Thema Mehrwertdienste. Der BGH hatte Ende 2001 zwar festgestellt, dass bei Mehrwertdienstverhältnissen zwischen der reinen Verbindungsherstellung und der „weiteren Dienstleistung“ unterschieden werden kann. Gleichzeitig hatte er aber erklärt, dass es letztlich nur auf das Verhältnis zwischen dem betroffenen Kunden und dem Mehrwertdienstanbieter ankomme. Sprich: Nach der Rechtssprechung des BGH könnten Einreden, die das Mehrwertdienstverhältnis betreffen, nicht dem rechnungsstellenden Unternehmen (in den meisten Fällen die Telekom) entgegengehalten werden.
Das oft geforderte Inkassoverbot für Netzbetreiber bei strittigen Mehrwertdiensteinwahlen (etwa 0190 und 0900) würde daher wenig bringen, meint Koch in seinem Aufsatz mit dem Titel „Rechtspolitische Effektivierung des Schutzes vor Mehrwertdienstemissbrauch“. Ein solches Verbot würde nämlich nur dazu führen, dass der Rechnungssteller solche strittigen Forderungen nicht mehr einziehen dürfte, die in fremden Netzen entstanden und nicht abgetreten sind. Die im eigenen Netz entstanden oder eben abgetretenen Forderungen dürfte er dagegen weiter eintreiben – gegebenenfalls auch mit dem Mittel der Anschlusssperrung. In der Praxis hätte das zur Folge, dass Dialer- und Mehrwertdiensteanbieter ihre Nummern einfach bei der Telekom schalten – im Wissen, dass sie ihr Geld somit zunächst einmal erhalten, und der betroffene Kunde dann gegebenenfalls klagen muss, wenn er eine Einwahl bestreitet. „Insofern hilft ein Inkassoverbot in erster Linie dem Marktbeherrscher bei Teilnehmeranschlüssen, seine Marktposition als Netzbetreiber für Mehrwertdiensteanbieter zu festigen. Dem Verbraucher dagegen ist wenig geholfen“, so Koch.
Im Rahmen der anstehenden Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sollte daher nach Meinung von Koch klargestellt werden, „dass Enwendungen im Verhältnis zum Mehrwertdiensteanbieter dem Rechnungssteller entgegengehalten werden können“. Denn im Gegensatz zum oft geforderten Inkassoverbot wären dann eben auch solche Forderungen betroffen, die im Netz des Rechnungsstellers entstanden sind.