Verbraucherministerium: Dialer-Verbot in Deutschland „nicht sinnvoll“

Das Bundesverbraucherministerium hat einem generellen Dialer-Verbot in Deutschland eine klare Absage erteilt. „Ein solches Verbot würde auch die seriösen Anbieter treffen, die weitaus in der Überzahl sind“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums gegenüber Dialerschutz.de. Es gehe darum, den Missbrauch dieses neuen Kommunikations- und Abrechnungsmittels einzudämmen, so die Sprecherin weiter. Mit dem Missbrauchs-Gesetz von 2003 sei man auf diesem Weg schon „einen großen Schritt weiter gekommen“.

Vor genau einem Jahr, im August 2003, trat in Deutschland das „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummern“, kurz Mehrwertdienste-Gesetz, in Kraft. Aber sind Dialer, 0190, 0900 und 0137-Nummern jetzt wirklich im Griff? Können Abzocker wirksam bekämpft werden – und seriöse Anbieter vernünftig arbeiten? Anlässlich des Jubiläums hat Dialerschutz.de Verbraucherschützer, Branchenvertreter, Verbraucherministerium und Opposition um Stellungnahmen gebeten. Zum Abschluss unserer vierteiligen Serie nimmt Dr. Sabine Kolloge vom Bundesministerium für Verbraucherschutz zu unseren Fragen Stellung.

Dialerschutz.de: Ziel des Mehrwertdienste-Gesetzes war es, Verbraucher besser vor dem Missbrauch von Mehrwertdiensten schützen. Ist dies aus Sicht des Bundesverbraucherministeriums erreicht worden?

Kolloge: Mit dem Gesetz sind wir einen großen Schritt weiter gekommen. Der Missbrauch mit Mehrwertdienste-Rufnummern ist nach unserer Einschätzung damit erfolgreich bekämpft worden. Es ist aber festzustellen, dass bei Betrügereien ein erhebliches Innovationspotential vorhanden ist, so dass immer wieder neue Betrugsmaschen bekannt geworden sind.

Dialerschutz.de: Bundesverbraucherminsterin Renate Künast hat vergangenes Jahr erklärt, man werde die Wirkung des Gesetzes genau beobachten…

Kolloge: Die Erfahrungen mit dem Gesetz werden in die Diskussion um die vom Bundeswirtschaftsministerium vorgestellten Entwürfe einer Telekommunikations-Nummerierungsverordnung und einer Telekommunikations-Kundenschutzverordnung mit einfließen.

Dialerschutz.de: Was sagt man denn im Verbraucherministerium zu den beiden Entwürfen?

Kolloge: Fortschritt ist, dass sich die Regelungen zur Preistransparenz und zur Information und auch zum Entzug einer missbräuchlich genutzten Nummer nicht mehr allein auf die 0190/0900-Nummern beziehen, sondern auch auf sogenannte Premiumdienste. Das ist ein großer Vorteil für die Verbraucherinnen und Verbraucher, weil nach der Verordnung zum Beispiel nun auch Auskunftsdienste oder Kurzwahldienste deutlich sichtbare und gut lesbare Preisinformationen geben müssen.

Dialerschutz.de: Und wo sollte noch nachgebessert oder ergänzt werden?

Kolloge: Wir werden mit dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium die vorliegenden Entwürfe intensiv diskutieren. Aus Sicht des Bundesverbraucherministeriums sind hier noch einige Wünsche offen, um die Preistransparenz auf dem Telekommunikationsmarkt im Allgemeinen zu Gunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher weiter zu erhöhen. So ist unter anderem auch über eine kostenlose Entgeltinformationspflicht vor dem Verbindungsaufbau von Mobilfunkverbindungen nachzudenken. In anderen europäischen Ländern ist es beispielsweise üblich, dass eine aktuelle Kostenanzeige während und nach einem Mobilfunkgespräch erfolgt.

Dialerschutz.de: Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hat durch das Gesetz mehr Befugnisse bekommen, um gegen Missbrauch vorzugehen. Wie beurteilt das Ministerium die Arbeit der Behörde im vergangenen Jahr?

Kolloge: Die Regulierungsbehörde hat mit ihrer Praxis, insbesondere gegen unzulässige Dialer vorzugehen, aktiven und wirkungsvollen Verbraucherschutz praktiziert. Diesen Weg sollte die RegTP konsequent weitergehen.

Dialerschutz.de: Die Schweiz hat wegen des Missbrauchs Mehrwertdienste-Dialer ganz verboten. Ein Modell, das im Sinne des Verbraucherschutzes auch in Deutschland denkbar wäre?

Kolloge: Ein generelles Verbot von Dialern ist nicht sinnvoll, denn ein solches Verbot würde auch die seriösen Anbieter treffen, die weitaus in der Überzahl sind. Es geht darum, den Missbrauch dieses neuen Kommunikations- und Abrechnungsmittels einzudämmen.

Mit diesem Interview endet unsere kleine Serie zur Bilanz „ein Jahr Mehrwertdienste-Gesetz“. Die Interviews mit dem Verbraucherzentralen Bundesverband (13. August), dem Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (14. August), und der CDU-Internetbeauftragten Dr. Martina Krogmann (16. August) finden Sie ebenfalls in unseren News.