Handy Payment: Wapme bittet Betroffene um Entschuldigung
Nach dem Wirbel um teure Handy Payment-Abonnements im Internet hat sich die Wapme System AG bei den Betroffenen entschuldigt und einen Neustart angekündigt. „Von Seiten einiger Anbieter wurde das System zur Vermarktung fragwürdiger Inhalte und unseriöser Preisgestaltung ausgenutzt“, räumte Wapme-Sprecherin Gabi Enge jetzt im Interview mit Dialerschutz.de ein. Deshalb würden die eingenommenen Gelder seit einigen Tagen an die Mobilfunkunternehmen zurückgezahlt, damit diese wiederum ihre Kunden entschädigen könnten: „Dies ist das Mindeste, was wir tun können. Wir bitten alle Betroffenen um Entschuldigung“, so Enge. Das vollständige Interview:
Dialerschutz.de: Handy Payment im Internet hat in Deutschland einen glatten Fehlstart hingelegt. Das System geriet binnen weniger Wochen massiv in Verruf. Zuletzt erklärten sich sogar die Mobilfunkbetreiber bereit, Handy Payment-Kunden ihr Geld zurückzuzahlen. Was ist da schiefgegangen?
Enge: Technologie hat immer zwei Komponenten: die Technik und den Menschen. Während die Technik stets einwandfrei funktioniert hat, mussten wir auf Seiten des Menschen zwei grundsätzliche Probleme feststellen: Von Seiten einiger Anbieter wurde das System zur Vermarktung fragwürdiger Inhalte und unseriöser Preisgestaltung ausgenutzt. Und: Für die meisten Internet-Nutzer ist diese Form der Abrechnung neu und entsprechend unkritisch wurde damit umgegangen. Insgesamt hat sich leider ein analoges Bild zu den Anfängen der 0190-Mehrwertdienste ergeben.
Dialerschutz.de: Jetzt haben Sie einen Neustart angekündigt. Was soll sich ändern, um Kunden in Zukunft besser vor dubiosen Angeboten zu schützen?
Enge: Zum einen haben wir den „kreativen Spielraum“ bei der Preisangabe für die Anbieter deutlich eingeschränkt, zum anderen suchen wir den intensiven Dialog zu den Mobilfunkbetreibern und den Verbraucherschutz-Verbänden. Wir wollen einerseits Schwachstellen rechtzeitig aufdecken, andererseits den Internet-Nutzer für die Thematik sensibilisieren.
Dialerschutz.de: In einer Pressemitteilung haben Sie jetzt erklärt, man habe „in enger Kooperation mit den Mobilfunk-Netzbetreibern“ dafür Sorge getragen, dass dubiose Angebote nicht länger über die Wapme Systeme in Anspruch genommen werden können. Von wem ging diese Initiative aus – von der Wapme AG oder von den Mobilfunkbetreibern?
Enge: Von beiden Seiten. Es ist sowohl im Interesse der Wapme als auch der Mobilfunk-Netzbetreiber, die Entwicklung dieser sicheren und anwenderfreundlichen Technologie nicht durch unseriöse Anbieter zu schädigen. Letztlich geht es aber auch um den guten Ruf aller Beteiligten.
Dialerschutz.de: In der Pressemitteilung heißt es weiter, Sie hätten erste Schritte unternommen, um in Zukunft kontinuierlich mit Verbraucherschutzverbänden zusammenzuarbeiten. Wie sehen diese Schritte aus?
Enge: Wir sind Vertragspartner der Firma Cybits GmbH und dort dem Altersverifikationssystem angeschlossen. Als Partner unterliegen wir dem Verhaltenskodex der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM). Verbraucherschutz ist dort automatisch impliziert, da mit verschiedenen Verbänden ein Austausch besteht.
Dialerschutz.de: Ist es richtig, dass die Wapme AG seit vorvergangenem Donnerstag die Gelder, die über dubiose Anbieter eingenommen wurden, zurück an die Mobilfunkbetreiber auszahlt, damit diese ihre Kunden entschädigen können?
Enge: Ja, das ist korrekt. Dies ist das mindeste, was wir tun können. Wir bitten alle Betroffenen um Entschuldigung.
Dialerschutz.de: Die breitflächige Einführung dieses Abrechnungssystems mit all seinen negativen Reaktionen hat der Wapme AG nach eigenen Angaben ein „starkes Umsatz-Plus“ beschert. Bleibt es nach der Auszahlung dabei?
Enge: Da das System nicht nur „missbraucht“ wurde, haben wir durch seriöse Anbieter durchaus von seiner Einführung profitiert.
Dialerschutz.de: Haben Sie sich nach den Erfahrungen der ersten Monate konkret von Kunden getrennt?
Enge: Ja, wir haben uns von diversen Anbietern getrennt. Wir bitten um Verständnis, aus vertragsrechtlichen Gründen keine Namen nennen zu können bzw. zu dürfen.
Dialerschutz.de: Sie haben Ihr Produkt simcash Web, mit dem Internetdienste per Handy abgerechnet werden können, nach eigenen Angaben überarbeitet. Entspricht das System jetzt den Vorgaben der Freiwilligen Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste (FST)?
Enge: Der Bereich Jugendschutz wird durch die FSM umfassend ausgefüllt. Im technischen Bereich, Gestaltung der Transaktionsfenster, TAN-Verfahren, Billing usw. entspricht unser System den Vorgaben der FST. Wir halten uns entsprechend an die Vorgaben unserer Partner, der Netzbetreiber.
Dialerschutz.de: Ist mit dem neuen System sichergestellt, dass der Verbraucher immer schon eine klare Preisinformation erhalten hat, bevor er das Paymentsystem aufruft?
Enge: Darauf legen wir nach der gemachten Erfahrung größten Wert!
Dialerschutz.de: Ihr System ist vom TÜV Saarland zertifiziert. Das TÜV-Zertifikat spricht davon, dass Manipulationen durch Dritte weitgehend ausgeschlossen seien. Was ist hier unter „weitgehend“ zu verstehen? Und reicht „weitgehend“ für ein Zahlungssystem aus?
Enge: Es gibt kein technisches System, für dessen Sicherheit eine hundertprozentige Garantie übernommen werden kann. Selbst eine Atom-Uhr hat eine theoretische Fehler-Wahrscheinlichkeit. Nach heutigem Stand der Technik kann und darf unser System als sehr, sehr sicher eingestuft werden.
Dialerschutz.de: Welche Systeme und Übertragungswege sind durch das TÜV-Gutachten erfasst? Und wie wird die sichere Übertragung des Bezahlcodes gesichert?
Enge: Alle Übertragungswege wurden bei der Prüfung erfasst, d.h. „Technischer Dienstleister zum Endverbraucher“ sowie „Technischer Dienstleister zum Mobilfunkanbieter“. Die genutzten Systeme – die aus Sicherheitsgründen voneinander unabhängig sind – bestehend aus produktivem Rechenzentrum sowie Entwicklungszentrum, waren selbstverständlich Bestandteil der TÜV-Prüfung.
Dialerschutz.de: Wie können Verbraucher, die dieses System nicht nutzen und sich vor den Risiken z.B. bei Handyverlust schützen wollen, das System sperren lassen?
Enge: Zunächst einmal sollte jeder Verbraucher bei Handyverlust seine Karte beim jeweiligen Provider sperren lassen und sich auch dort erkundigen, ob der Provider ihn auf eine Blacklist setzen kann, damit eine Abbuchung von Dritten nicht mehr möglich ist. Dieser Eingriff auf die MSISDN kann nur vom Provider vorgenommen werden. Wir als technischer Anbieter und Abrechnungsbefugter dürfen nur eine vom Provider freigegebene MSISDN belasten. Die Wapme verfügt jedoch außerdem im Interesse der Kunden über ein Customer Care Center, bei dem der Verbraucher telefonisch, per E-Mail oder Fax seine Mobilnummer für Bezahlsysteme sperren lassen kann.