Von der Lebenserwartung bis zum Sex: So werden Internet-Tests richtig teuer

Robert P. ahnte nichts Böses bei seinem letzten Trip ins Internet. Auch nicht, als er auf der Seite lebensprognose.com landete. Ein Test der zeigt, wie lange man leben wird? Robert P. machte spontan mit, trug seine Daten ein, bestätigte per Klick die AGB. Zweite Tage später wusste er vor allem eins: Der scheinbar so harmlose Test sollte ihn 59 Euro kosten. Denn Robert P. war auf eine neue Masche hereingefallen: Immer mehr Anbieter stellen Tests zu den verschiedensten Themen ins Internet. Dass die Teilnahme horrende Summen kosten soll, verstecken sie im Kleingedruckten.

Erst waren es die Dialer, dann Abrechnung per Handy-Payment, danach die Seiten mit versteckten Abonnements: Alle paar Monate denken sich dubiose Geschäftsleute neue Tricks aus, um mit Internetnutzern das schnelle Geld zu machen. Die neueste Masche ist nichts anderes als altbekannte Bauernfängerei – nur eben im moderneren Gewand. Den Anfang machte die Seite tricky.at. Seit Monaten wirbt Betreiber Tim O. auf seiner Seite mit „Gutscheinen im Wert von min. 200 Euro“. „Keine monatlichen Kosten“ heißt es auf tricky.at weiter. Was immerhin stimmt. Wer sich anmeldet, muss allerdings per Klick auf eine Checkbox bestätigen, dass die „Einrichtung des Accounts“ einmalig „hundertzwanzig Euro“ betrage. Um was für Gutscheine es sich handelt oder handeln soll, ist bis heute nicht ganz klar..

Neuen Seiten im Wochentakt

Dem jungen Geschäftsmann brachte seine Masche die fragwürdige Auszeichnung „Fass ohne Boden“ des Fernsehsenders „Pro 7“ ein – und viele Trittbrettfahrer. Beinahe täglich starten seitdem immer neue Seiten dieser Art im Internet. Vor allem Tests und Fragebögen sind der Renner. Das Konzept: Man denkt sich eine Frage aus, die viele Menschen interessieren könnte und verspricht, sie bei einem Online-Test zu beantworten. Um teilnehmen zu können, muss der Internetnutzer „nur“ seine Daten in ein Formular eintragen – und die Zustimmung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) per Klick bestätigen. Doch genau diese AGB haben es in sich. Was auf den Anmeldeseiten meist nur klein gedruckt am untersten Seitenende steht, wird erst hier ein wenig deutlicher: Die Tests sind alles andere als gratis.

Für den Test auf lebensprognose.com etwa verlangt die Schweizer Firma Xentria AG satte 59 Euro. Ein Spottpreis fast. Gleich 84 Euro sollen fällig werden, wenn man sich auf der Seite sei-filmstar.de angemeldet hat. Teilnehmer dürften an einem „Erotik-Casting“ teilnehmen, heißt es – übrigens auch in den Spam-Mails, in denen für die Seite geworben wird. Noch dreister agiert die Firma Alblanca GmbH auf einer anderen Seite. „Trinkst du zu viel Alkohol?“, fragt sie auf zuvielalkohol.com. Bei normaler Bildschirmauflösung ist auch hier nur die Anmeldemaske für den „Sofort-Test“ sichtbar. Erst ganz unten auf der Seite, wohlweislich klein gedruckt, wird die Kostenfalle deutlich. „Der Gesamtpreis beträgt 96 Euro“, ist nämlich dort zu lesen. Dass die Seite zuvielalkohol.com massenhaft per Spam beworben wird, macht auch hier die Sache nur noch schlimmer. Gleiches gilt für schonmalgelebt.com, bei der ebenfalls 96 Euro fällig werden sollen.

19,90 Euro monatlich, zahlbar für ein halbes Jahr

So richtig in die Vollen greift eine GmbH aus Winsen. Sternenhoroskop.de heißt ihre Seite, auf der ein „universelles Tageshoroskop“ versprochen wird. Hellseher als Kunden sind offenbar bevorzugt. Denn nur in winzigkleiner, grauer Schrift, ganz unten auf der Seite, wird der Preis genannt: Horrende 19,90 Euro pro Monat, zahlbar für ein halbes Jahr im Voraus. Im wahrsten Sinn des Wortes „billig“ ist da schon das Angebot auf der Seite check-deinen-sex.de. „Mit diesem Test kannst Du alle wichtigen Sex-Bereiche wie „Sinnlichkeit“, „Phantasien“ und „Know-How“ untersuchen“, verspricht der Betreiber aus Saarbrücken auf seiner Seite. Was in jeder Teeny-Zeitung für 2,50 Euro zu bekommen ist, kostet bei ihm 20 Euro.

Opfer finden die Betreiber dieser Tests zuhauf. Kein Wunder: Fast jede Test-Seite ist mit einem „Partnerprogramm“ verbunden. Die Anbieter suchen also andere Webmaster, die für ihre Seite werben. Für jedes angelockte Opfer versprechen sie dabei satte Provisionen. Das moderne Drücker-Konzept geht auf. In ihrer Geldgier vergessen viele „Affiliates“ alle Skrupel – und beschweren sich allenfalls, wenn ihre Provisionen nicht rechtzeitig auf dem Konto sind.

Erst Rechnungen, dann Drohungen

Weigert sich ein Opfer zu bezahlen, beginnt der verzweifelte Besuch des Seitenbetreibers, das Geld einzutreiben. Auch das läuft immer nach dem gleichen Schema ab. Zuerst kommt die Rechnung per Mail. Dabei wird die „gespeicherte IP-Adresse“ als Beweis angeführt und um schnelle Bezahlung gebeten. Danach folgt das Erinnerungsschreiben mit ersten Drohungen. Die nächste Stufe besteht meist aus dem Schreiben eines Inkassobüros oder Anwalts. Hier werden die Drohungen verschärft, von noch höheren Kosten und Betrugsanzeigen ist in den Briefen meist zu lesen. Gelegentlich werden auch – nicht unbedingt immer passende – Urteile und Paragraphen zitiert, oder Klagen und Pfändungen in Aussicht gestellt: „Wir kooperieren mit einem Anwaltsermittlungsbüro und können so auch bei bewussten Falschangaben an die richtigen Daten des Nutzers kommen (vgl. Urteil 161 C 40353/03)“, droht etwa die VitaActive LTD, die 30 Euro für einen Intelligenztest fordert. Was das für ein Urteil sein soll, und von welchem Amtsgericht es gefällt wurde, verschweige das Unternehmen, berichten Betroffene.

Nach drei oder vier Schreiben kommt meistens – nichts mehr. Bislang ist kein einziger Fall bekannt, in dem der Betreiber einer solchen Seite seine Forderung tatsächlich eingeklagt hätten. Was nicht verwundert. Das Geschäftsmodell würde ihm vor Gericht vermutlich um die Ohren gehauen.

So erkennen Sie teure Kostenfallen im Internet

Für Internetnutzer ist es sehr einfach, Kostenfallen dieser Art zu erkennen. Denn die Masche ist stets die Gleiche:

 

  • Im Mittelpunkt der Köderseiten steht immer ein Anmeldeformular. Die versprochenen Leistungen selbst sind austauschbar und meist nur buntes Beiwerk.
  • Neben oder unter der Anmeldemaske muss der „Teilnehmer“ per Klick die AGB der Seite bestätigen. Diese sind in der Regel hinter einem Link versteckt.
  • Die hohen Preise sind nur im Kleingedruckten am untersten Seitenrand zu finden – und in den AGB.
  • Fast immer ist auf den einschlägigen Seiten ein Link namens „Partnerprogramm“ zu finden. Dort werben die Anbieter mit satten Provisionen um Affiliates, die diese Seite bewerben sollen.
  • Nicht selten sitzen die Anbieter solcher Tests im Ausland oder verstecken sich hinter Briefkastenfirmen.
  • Beworben werden die Seiten sehr oft in Form von Spam, also illegalen Werbemails. „Bist du Alkoholiker“, lautet beispielsweise der Betreff der Mails, mit denen derzeit für zuvielalkohol.com geworben wird.