0137-Lockanrufe an Weihnachten: Razzia in fünf Bundesländern
Sechs Wochen nach der groß angelegten Welle von Lockanrufen mit 0137-Nummern in Deutschland hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück zum Schlag gegen die mutmaßlichen Drahtzieher ausgeholt.
Bei Razzien in fünf Bundesländern und in Österreich wurden diese Woche knapp zehn Firmensitze und Privatwohnungen durchsucht. „Wir ermitteln gegen acht Beschuldigte im Alter zwischen 38 und 53 Jahren“, bestätigte Staatsanwalt Jürgen Lewandrowski am Freitag gegenüber Dialerschutz.de. Lewandrowski wertete die Aktion als deutliches Signal gegen Telefonbetrüger: „Wir werden in Deutschland keine rechtfreien Räume dulden.“
Die Welle startete am 22. Dezember, als plötzlich zig-tausende Handybesitzer einen kurzen Anruf auf ihr Mobiltelefon erhielten. Im Display verblieb dabei ein „Anruf in Abwesenheit“ und eine 0137-Nummer. Wer diese im Glauben an einen verpassten Anrufs zurückrief, war der Dumme: Der Anruf führte lediglich zu einem Zählcomputer. Gleichzeitig sollten für die 0137-Verbindung aber Gebühren von bis zu 2,50 Euro fällig werden.
Innerhalb weniger Tage wurden auf diese Weise 16 verschiedene 0137-Nummern dazu missbraucht, Handybesitzer zu teuren Anrufen zu verleiten. Dann griff die Bundesnetzagentur ein. Nachdem sie von Beschwerden regelrecht überrollt wurde, ordnete die Behörde die Abschaltung der betroffenen Nummern an. Gleichzeitig verhängte sie ein Inkasso- und Rechnungslegungsverbot. Zugeteilt waren die Nummern dem Anbieter Arcor, von ihr gemietet hatte den fraglichen Rufnummernblock das Unternehmen Ina Service GmbH in Hamburg.
Erste Durchsuchungen in Wien, Darmstadt und Mannheim
Nur wenige Tage später nahmen Kripo und Staatsanwaltschaft Osnabrück die Ermittlungen wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs auf. Die Fahnder stießen dabei auf das Geflecht von Untervermietungen, das bei 0137-Nummern gang und gäbe ist. Doch sie ließen sich davon nicht abschrecken. Auch davon nicht, dass als vermeintlicher Letztverantwortlicher der Nummern anfangs ein Libanese (53) ins Visier geriet. Nach akribischer Kleinarbeit stießen die Ermittler auf Firmen in Wien, Darmstadt und Mannheim, die zunächst durchsucht wurden. Diese Woche dann der nächste Schlag: Zeitgleich durchsuchten Fahnder am Dienstag Firmensitze und Privatwohnungen in Frankfurt, Fürth, Friedrichshafen, Königswinter, Rüsselsheim, sowie bei Mainz. Dabei stellten die Ermittler nach eigenen Angaben vor allem Server sicher, von denen aus die Lockanrufe gestartet worden sein könnten.
Inzwischen gehen die Osnabrücker Ermittler davon aus, dass zumindest einige der Verdächtigen auch andere dubiose Geschäfte mit teuren Premium-Nummern machten. Bei der Durchsuchung in Darmstadt wurden Hinweise entdeckt, die zu den dubiosen Gewinn-Anrufen mit 0900-Nummern im vergangenen Jahr führen. „Ein reiner Zufallsfund“, sagte Lewandrowski. „Der muss jetzt ausgewertet werden.“ Wie mehrfach berichtet, hatten damals tausende Telefonbesitzer Anrufe erhalten, in denen ihnen Geld- oder Sachpreise von bis zu 1500 oder 3000 Euro versprochen wurden. Diese Gewinne müssten über eine 0900-Nummer abgerufen werden. Wer darauf hereinfiel, wurde dann bis zu einer halben Stunde in der Leitung gehalten; zu Kosten von 1,99 Euro pro Minute. Über „glückliche Gewinner“ ist bis heute nur wenig bekannt.
Gesamtschaden bislang unklar
Im Visier der Osnabrücker Ermittler stehen insgesamt acht Männer im Alter zwischen 38 und 53 Jahren, darunter zwei Österreicher. Wer von ihnen in welcher Form an den Lockanrufen beteiligt war, wird jetzt geprüft. „Einige von ihnen haben bereits Angaben zur Sache gemacht“, berichtete Lewandrowski gegenüber Dialerschutz.de. Es zeichne sich ab, dass „mindestens drei von ihnen eng zusammengearbeitet haben dürften.“ Sollte sich das bewahrheiten, stünde neben dem Verdacht des gewerbsmäßigen auch der des bandenmäßigen Betrugs im Raum. Noch unklar ist, wie viele Menschen auf die „Anrufe in Abwesenheit“ hereinfielen und die teuren Nummern zurückriefen. Auch der angerichtete Schaden steht bisher noch nicht fest.
Den Verdächtigen drohen jetzt hohe Geld- oder möglicherweise sogar Freiheitsstrafen. Ermittlungen und Auswertung der sichergestellten Unterlagen dauern weiter an.
Die Ermittler scheinen letztlich also doch Wege und Mittel gefunden zu haben, gegen Telefonbetrügereien mit 0137-Nummern vorzugehen. Was womöglich bald schon die nächsten „Geschäftsleute“ zu spüren bekommen könnten: Vor einigen Tagen hat eine neue Welle von Lockanrufen mit 0137-Nummern begonnen.