Bundespräsident billigt höchst umstrittene Vorratsdatenspeicherung
Bundespräsident Horst Köhler hat das Gesetz zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung und Telekommunikationsüberwachung unterschrieben. Damit ist der Weg frei für die umfassende Überwachung und Protokollierung von Internet-, Telefon-, SMS- und Mailverkehr in Deutschland.
Köhler sah laut Medienberichten „keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“, die ihn an einer Unterzeichnung des Gesetzes gehindert hätten. Die umfassende Kommunikations-Überwachung kann damit am 1. Januar 2008 beginnen.
Wie berichtet, müssen Telekommunikationsfirmen künftig ganz genau protokollieren,
- wer mit wem wann telefoniert,
- wer von wo aus an wem eine SMS schickt,
- wer wem wann eine E-Mail schickt
- wer wann wem ein Fax schickt hat
- wer wann ins Internet geht und wie lange er sich darin mit welcher IP-Adresse aufhält
Diese Daten müssen sechs Monate lang aufbewahrt, und Polizei und Staatsanwaltschaft nach richterlichem Beschluss zur Verfügung gestellt werden. Auch Geheimdienste können auf diese Daten zugreifen. Zugleich weckt die Datenspeicherung schon heute weitere Begehrlichkeiten. So ist bereits in der Diskussion, diese Daten auch zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zu verwenden, etwa durch die Musikindustrie.
Zugleich wird ab 1. Januar das Überwachen von Telefonaten und Mail-Verkehr erleichtert. Wirklich geschützt gegen heimliche Überwachung sind in Zukunft nur noch Abgeordnete, Strafverteidiger und Seelsorger. Das Abhören von Ärzten, Journalisten und übrigen Anwälten ist in Zukunft prinzipiell zulässig. Scharfe Proteste der betroffenen Berufsverbände blieben ohne Erfolg. So fürchten etwa die Journalisten, dass Informanten künftig aus Angst vor nachträglicher Enttarnung lieber schweigen – und die Aufdeckung von Skandalen in Politik und Wirtschaft so massiv erschwert wird.
Verfassungsbeschwerden in Vorbereitung
Ob die umfassende Kommunikations-Überwachung in Deutschland lange Bestand haben wird, ist allerdings unklar. Nicht nur der FDP-Bundestagsabgeordnete Burkhard Hirsch hat bereits eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. Gleichzeitig haben sich über 33.000 Bürger zusammengeschlossen, um gesammelt gegen das Gesetzeswerk nach Karlsruhe zu ziehen. Ihre Verfassungsbeschwerde – die von der Zahl der Unterzeichner her größte aller Zeiten – ist online abrufbar.