Urteil: Keine Zahlungspflicht bei versteckten Kosten
Es ist ein Urteil, das vielen Verbrauchern Mut macht: Wer auf eine Internetseiten mit versteckter Kostenpflicht hereinfällt, muss die Rechnung nicht bezahlen. Das hat das Amtsgericht Hamm jetzt entschieden.
Abo- und Vertragsfallen im Internet funktionieren immer nach demselben Schema: Die Täter stellen eine Webseite mit einem großen Anmeldeformular online. Irgendwo im Kleingedruckten verstecken sie die Kostenpflicht für ihre „Dienstleistungen“ – und hoffen dann auf möglichst viele Anmeldungen. Wer auf den Trick hereinfällt und sich anmeldet, wird anschließend so lange mit Rechnungen, Mahnungen und Drohungen eingeschüchtert bis er zahlt.
Vor Gericht ziehen dubiose Firmen in der Regel nicht – weil sie wissen, dass ihr Geschäftsmodell nicht sauber ist. Lange war nur ein einziger Fall bekannt: Im Januar 2007 versuchte es ein Unternehmen mit einer Klage vor dem Amtsgericht München – und scheiterte kläglich. Das Gericht entschied, dass das Opfer nicht bezahlen muss.
96 Euro sollten fällig werden
Jetzt hat es ein zweites Unternehmen versucht. Es ging dabei um die Seiten smsfree24.de, bzw. smsfree100.de, beide betrieben von einem Unternehmen namens Micro SD 256 Ltd. mit Sitz in London. Auf den Seiten wird oft von „gratis“ und kostenlos“ geschrieben; dass für den „Dienst“ 96 Euro fällig werden sollen, war und ist bis heute im Kleingedruckten versteckt.
Die Shiftworx GmbH, welche Rechnungen für die Nutzung der Seiten smsfree24.de und smsfree100.de verschickt, zog vor das Amtsgericht Hamm und versuchte, bei einem Opfer 96 Euro einzuklagen. Der betroffene Verbraucher schaltete auf stur, verweigerte die Bezahlung – und bekam vom Richter völlig Recht.
Auf der Internetseite smsfree24.de, so das Gericht in seinem Urteil,
„wird der Besucher (…) in den Glauben versetzt, die Zedentin bietet den kostenlosen Versand von SMS an. Dieser Eindruck wird durch die zahlreiche Verwendung der Begriffe „free“, „gratis“ und „umsonst“ erweckt. Aus diesem Grunde braucht der Verwender nicht damit zu rechnen, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nun entgegen des Eindruckes der Unentgeltlichkeit der Leistungen der Zedentin die Entgeltlichkeit der Leistungen festgelegt wird. Nur bei einem deutlichen Hinweis auf die Entgeltlichkeit der Leistungen auf der Internetseite wäre eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht überraschend. Da hier jedoch eindeutig der Eindruck der Unentgeltlichkeit erweckt wird, wäre eine entsprechende Klausel überraschend i.S.d. § 305c BGB.“
Und weiter:
„Wie bereits dargestellt, wird durch die Gestaltung der Internetseite der Eindruck erweckt, die Leistungen der Zedentin seien unentgeltlich. Daher liegen keine Umstände vor, aus denen sich eine Entgeltlichkeit ergibt. Vielmehr liegen durch die verwendeten Begriffe Umstände vor, aus denen sich gerade ergibt, dass die Leistungen unentgeltlich erfolgen sollen. Insoweit ist für die Annahme einer stillschweigenden Vergütungsvereinbarung kein Raum.“
Das Juristendeutsch lässt sich schnell zusammenfassen: Wer von Kunden Geld will, muss auf die Kostenpflicht „deutlich“ hinweisen. Oder andersherum: Auf Internetseiten, die so gestaltet sind als wären sie kostenlos, müssen Verbraucher nicht mit einer Kostenpflicht rechnen – und deshalb die überraschenden Rechnungen auch nicht bezahlen.
Verbraucherschützer: „Zu Unrecht gestellte Forderungen nicht begleichen“
Verbraucherschützer begrüßten das Urteil (Amtsgericht Hamm, Urteil vom 26.03.08, Az. 17 C 62/08) – nicht deshalb, weil es überraschend wäre, sondern, weil es Opfer von Abo- und Kostenfallen im Internet ermuntern dürfte. Thomas Bradler, Jurist beim Verbraucherzentrale Bundesverband: „;Es zeigt die Chancenlosigkeit der Anbieter vor Gericht und sollte Betroffenen weiter Mut machen, zu Unrecht gestellte Forderungen nicht zu begleichen.“