Vorratsdatenspeicherung: Donnerstag startet Internet-Überwachung
Internetnutzer können von Donnerstag an keinen Schritt mehr unbeobachtet tun. Ab 1. Januar 2009 werden sämtliche Internetzugänge und Zugriffe auf Mailkonten in Deutschland protokolliert. Experten halten diese Vorratsdatenspeicherung für verfassungsrechtlich höchst bedenklich.
Vor einem Jahr, am 1. Januar 2008, war bereits der erste Teil der Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten. Seitdem wird sechs Monate lang gespeichert, wer mit wem telefoniert, wer wo wann sein Handy benutzt und wer wem eine SMS schickt. Diese Speicherung erfolgt verdachtsunabhängig. Es wird also nicht nur die Kommunikation von möglichen Straftätern aufgezeichnet, sondern das Kommunikationsverhalten aller Bundesbürger. Zugriff auf die Daten haben Polizei, Staatsanwälte, aber auch die Behörden ausländischer Staaten.
Ab Januar 2009 wird diese Vorratsdatenspeicherung nun auch auf das Internet ausgeweitet. Sechs Monate lang wird dann gespeichert, wer wann wie mit dem Internet verbunden war. Auch entsprechende Zugriffe auf E-Mail-Konten – inklusive IP und Mailadresse von Absender und Empfänger – werden protokolliert.
Verantwortlich für diese Überwachung von Verkehrsdaten sind CDU, CSU und SPD, die das dafür notwendige Gesetz am 9. November 2007 verabschiedeten – gegen den Widerstand von FDP, Grünen und Linken. Auch 34.000 Menschen haben gegen die Vorratsdatenspeicherung mittlerweile Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. In zwei einstweiligen Anordnungen schränkten die Karlsruher Richter die Herausgabe der gespeicherten Daten auch schon ein. Eine endgültige Entscheidung ist aber noch nicht gefallen.
Tatsächlich sind die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Überwachung sogar noch größer als bisher bekannt. Eine jetzt vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlichte Stellungnahme des Bundesverwaltungsgerichts etwa kritisiert die verdachtslose Protokollierung der Telefon-, Handy- und Internetnutzung scharf. So nennt der für Telekommunikationsrecht und Polizeirecht zuständige 6. Senat die Vorratsspeicherung „eine flächendeckende Dauermaßnahme, die weder an eine Einschreitschwelle noch an eine Tatsachenbasis gebunden ist.“ Die Maßnahme weise eine „immense Breitenwirkung“ auf und verzichte auf die „hinreichende Wahrscheinlichkeit“ einer von den Betroffenen ausgehenden Rechtsverletzung. „Sie nähert sich damit einer grundrechtseingreifenden Ermittlung ‚ins Blaue hinein‘ an“, so die Richter des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts. Insgesamt äußert das Gericht „Zweifel, ob der in der Vorratsdatenspeicherung liegende Grundrechtseingriff in Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG gerechtfertigt ist.“
Um gegen die am 01.01.2009 startende verdachtslose Protokollierung auch sämtlicher Internetzugänge, Internettelefonie und E-Mail-Konten zu protestieren, ruft der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung alle Anbieter von Internetseiten dazu auf, ihre Webseiten zum Jahreswechsel in schwarz zu verhüllen und mit einer Protestanzeige zu versehen. In der Anzeige heißt es: „Zum Auftakt des Wahljahres 2009 lassen SPD und CDU/CSU alle unsere Internetzugänge, Internettelefonie und E-Mail-Nutzung verdachtslos protokollieren. Wir Internetnutzer protestieren – Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!“
Eine Anleitung für Teilnehmer an dem Internetprotest findet sich auf der Homepage des Arbeitskreises unter http://www.vorratsdatenspeicherung.de/.