Filesharing: Keine Akteneinsicht in Bagatellfällen
Wer beim Filesharing nur eine Datei illegal zum Download bereithält, bewegt sich im Bereich der Bagatellkriminalität. Deshalb muss der Provider der Musik- und Filmindustrie nicht verraten, wer hinter der IP steckt. Das hat das Landgericht Darmstadt entschieden.
Internetnutzer, die in Tauschbörsen urheberrechtlich geschütztes Material wie mp3-Musikstücke oder Filme zur Verfügung stellen, müssen immer damit rechnen, dass sie ins Visier von Musik- und Filmindustrie und deren Anwälten geraten. Die besorgen sich die IP-Adresse und verlangen dann bei den Internetanbietern die Herausgabe von Namen und Adressen der Filesharer – um die Betroffenen abzumahnen und von ihnen Schadensersatz zu verlangen.
Bis vor kurzem mussten Musik- und Filmindustrie dabei einen Umweg gehen. Sie erstatteten Strafanzeige, ließen Polizei und Staatsanwaltschaft Namen und Anschrift der Täter herausfinden und holten sich die Daten dann über den Weg der so genannten Akteneinsicht. Seit 1. September 2008 müssen Internetprovider die Daten von Tauschbörsen-Nutzern sogar direkt an die Rechteinhaber herausgeben, wenn diese „gewerbsmäßig“ Filesharing betrieben haben. Was „gewerbsmäßig“ heißt, ist bislang allerdings umstritten.
Allerdings hat die Pflicht zur Herausgabe der Daten auch ihre Grenzen. Das stellte jetzt das Landgericht Darmstadt (9 Qs 573/08 – 721 Js 26995/08) fest. In diesem Fall hatte ein Internetnutzer sich am Filesharing beteiligt und in einer Tauschbörse eine Musikdatei zur Verfügung gestellt, die insgesamt 46-mal von anderen Nutzern heruntergeladen wurde. Die Plattenfirma erstattete daraufhin Strafanzeige und wollte von der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Akteneinsicht wissen, wer der verantwortliche Filesharer sei. Die Ermittler gaben die Daten allerdings nicht heraus. Und auch das Landgericht, das die Plattenfirma einschaltete, wies die Anfrage zurück.
Die Richter kamen zum Schluss, dass das Bereitstellen von nur einer einzigen Musikdatei eine Bagatell-Tat sei. Damit überwiege das Recht des Betroffenen auf informelle Selbstbestimmung. „Zur Beurteilung der Frage, ob eine Bagatelltat vorliegt, ist keine betriebs- oder volkswirtschaftliche Perspektive einzunehmen. Maßgeblich ist die individuelle Verfehlung im konkreten Einzelfall, der jeweils für sich genommen
zu bewerten ist“, so das Gericht.
Der Filesharer hatte also Glück, ihm blieb eine teure Abmahnung erspart. Ein Freibrief für illegales Tauschen von urheberrechtlich geschützten Dateien ist die Gerichts-Entscheidung jedoch nicht. Denn andere deutsche Gerichte könnten durchaus anders entscheiden.