nachbarschaft24: Dubiose Drohungen sollen neues Geld bringen
Nachbarschaft24.net sorgt plötzlich wieder für Wirbel. Mit fragwürdigen Methoden wird versucht, Opfer noch einmal zur Bezahlung zu bringen – obwohl Juristen keine Zahlungspflicht sehen. Opfer können deshalb ruhig bleiben.
Nachbarschaft24.net hatte das erste Mal 2007 bei vielen Internetnutzern für Verunsicherung gesorgt. Damals hatten etliche Verbraucher Werbemails bekommen mit der Behauptung, ein Nachbar habe ihnen eine Nachricht oder Einladung geschickt. Man solle doch die Seite nachbarschaft24.net besuchen. Dort wurde man aufgefordert seine Daten und seine Mail-Adresse einzugeben.
Wer auf den Trick hereinfiel und per Klick auch noch die AGB bestätigte, landete in der Kostenfalle. Denn wenig verschickte eine ominöse Netsolutions FZE mit Postfachadresse in Dubai dicke Rechnung. Schließlich habe man ein kostenpflichtiges Abonnement abgeschlossen, so die Behauptung.
Wieviele Menschen auf die Masche hereinfielen, ist bis heute nicht ganz geklärt. Es dürften zehntausende gewesen sein. In den Verbraucherschutzforen und -Zentralen stapelten sich jedenfalls die Beschwerden und Meldungen verunsicherter Rechnungsempfänger.
Dann war plötzlich Schluss mit den Rechnungen, Mahnungen und Inkassobriefen. Kein Wunder: Nachbarschaft24 hatte sich vor Gericht eine schallende Ohrfeige eingefangen.
Das Berliner Amtsgericht Mitte entschied, dass Opfer von nachbarschaft24.net die geforderten Summen nicht bezahlen müssen. Die Betreiber der Seite, die Netsolutions FZE, fordere nämlich Geld für nichts. Und damit stünde „die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts in einem auffälligen Missverhältnis zur (nicht vorhandenen) Gegenleistung“. Außerdem, so das Gericht, „verstößt ein etwaiger Vertrag so gegen das Transparenzgebot und ist deshalb unwirksam.“
Das Urteil (Amtsgericht Mitte, Urteil vom 05.11.2008 – Az.: 17 C 298/08) ist seitdem rechtskräftig. Eine Berufung wurde nicht zugelassen, da der Fall für das Gericht glasklar war.
Umso dreister: Vor einigen Tagen nun wurde ein neuer Versuch gestartet, den Opfern von damals Geld abzunehmen:
* Da wurden Mitteilungen im Internet platziert, die auf den ersten Blick wie seriöse redaktionelle Artikel oder Interviews erscheinen sollen. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um gesteuerte Pressemitteilungen, die gezielt Verunsicherung schüren wollen.
* Da erschienen bei Google plötzlich Werbeanzeigen, die unter der Überschrift „Urteil zu Nachbarschaft24“ zu eben jener merkwürdigen Mitteilung verlinken.
* Da wurde ein obskurer „Herr Smith“ aus dem Hut gezogen als angeblicher Verantwortlicher der nachbarschaft24.net. Erstaunlich: Bis dahin hatte sich die Netsolutions FZE immer hinter einer Postfachadresse „Postbox 124166“ in Dubai versteckt – der Verbraucherzentrale Bundesverband konnte die Firma nicht einmal schriftlich abmahnen.
* Da tauchte plötzlich ein „Rechtsgutachten“ einer Anwältin auf, die behauptet, die Forderungen seien gerechtfertigt. Merkwürdig: In diesem Gutachten stehen auch Sätze wie Der Preis ist auf der linken Seite unten zwar im Fließtext beschrieben, aber er ist deutlich hervorgehoben – wobei geflissentlich übersehen wird, dass bei nachbarschaft24.net mit mindestens zwei Varianten der Preisauszeichnung gearbeitet wurde, gefettet und nicht gefettet. Dass die Anwältin am gleichen Ort sitzt wie ihr jetzt mahnender Kollege – sicher nur ein Zufall.
* Da wird plötzlich ein Gerichtsprotokoll hervorgezaubert, laut dem Irgendjemand mit einem Herrn von einer Inkassofirma einen Vergleich über 54 Euro geschlossen habe. Weitere Hintergründe, die den Fall beleuchten würden, werden nicht bekannt gemacht.
* Und es wurden Drohbriefe eines Rechtsanwalt M. aus Potsdam verschickt, der im Namen der Netsolutions FZE von den Nachbarschafts-Opfern Geld verlangte.
Betroffene von nachbarschaft24-Rechnungen sollten sich davon aber nicht beeindrucken lassen. Nur, weil jetzt eine neue Drohkulisse aufgebaut wird, hat sich an den Tatsachen selbst nichts geändert:
- Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat entschieden, dass die Rechnungen der nachbarschaft24.net nicht bezahlt werden müssen!
- Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) wertet die Seite nachbarschaft24.net als „Kostenfalle im Internet“. Zitat: „Die Preisangabe auf der Startseite selbst ist dem Angebot und dessen Beschreibung weder eindeutig räumlich zugeordnet noch wird ein Endpreis genannt.“
Wer rechtlich einwandfreie und vor allem durchsetzbare Forderungen hat, macht keinen solchen Kasperlezirkus wie nachbarschaft24.net und sein Inkasso-Anwalt – er hätte die angeblichen Forderungen längst durchgesetzt.
Sollten nachbarschaft24 und ihr Inkasso-Anwalt trotzdem einmal Mahnbescheid erwirken (zum Beispiel als Versuchsballon, um weiter Menschen einzuschüchtern), wäre auch dsas kein Grund zur Verunsicherung. Wer einen Mahnbescheid kommt, den er für nicht gerechtfertigt hält, muss nur richtig reagieren.