Abofallen im Internet: Kein Prozess gegen Katja Günther
Die Münchner Inkasso-Anwältin Katja Günther muss nicht befürchten, wegen Betrugs vor Gericht zu kommen. Die Münchner Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen Günther ein.
Katja Günther betreibt für mehrere höchst umstrittene Internetdienste – auch als Abofallen im Internet bekannt – das Inkasso. Die Münchner Rechtsanwältin schrieb in den vergangenen Jahren rund einer Million Menschen, die bei derartigen Seiten ihre Daten hinterlassen hatten, Mahnungen.
Über 1000 Betroffene erstatteten daraufhin Strafanzeige gegen die Juristin. Doch bei der Münchner Staatsanwaltschaft, die ein Sammelverfahren gegen Katja Günther startete, kamen die Opfer nicht durch: Die Ermittler stellten das Verfahren jetzt ein. Der Anwältin seien weder Betrug noch Nötigung oder Erpressung nachzuweisen.
„Auch wenn die durch die Beschuldigte geltend gemachten Internet-Dienstleistungsgebühren aus zivilrechtlicher Sicht zweifelhaft erscheinen mögen, ergibt sich kein hinreichendes Verdachtsmoment für eine Beihilfe zum Betrug durch die Beschuldigte“, heißt es im Einstellungsbescheid, der Computerbetrug.de vorliegt.
Günther könne nicht nachgewiesen werden, dass sie Forderungen geltend macht, „bei denen die Unbegründetheit von vornherein feststeht“, so die Staatsanwaltschaft. Das Einfordern von Geld „bei unsicherer Rechtslage“ reiche nicht aus, um als Betrug geahndet zu werden.
Dass Katja Günther in ihren Briefen des Öfteren Gerichtverfahren androhte, ohne dann tatsächlich zu klagen, ist für die bayerische Behörde strafrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden: „Die Mahnpraxis der Beschuldigten, die je nach Blickwinkel sozialethisch fragwürdig erscheinen mag, kann nicht unter den Betrugstatbestand des § 263 Strafgesetzbuch subsumiert werden.“
Auch Nötigung – also eine „Drohung mit einem empfindlichen Übel“ – konnte die Münchner Staatsanwaltschaft der Juristin nicht nachweisen. „Nach dem Erhalt des 4. Mahnschreibens mag von dem Empfänger subjektiv ein gewisser Druck empfunden werden“, räumt die Staatsanwaltschaft zwar ein. Allerdings könne Opfern von Abofallen im Internet „ohne weiteres zugemutet werden“, sich einer möglichen zivilgerichtlichen Auseinandersetzung zu stellen.
Ähnlich lautet das Argument der Münchner Staatsanwaltschaft, wenn es um den Text „Themenschwerpunkt Strafrecht“ geht, den Günther in ihren Mahnungen oft platzierte. Das wecke zwar bei manchen Menschen die Angst vor strafrechtlichen Folgen, wenn man nicht zahle. Für die Ermittler ist das allerdings kein Problem: „Es ist jedem Bürger zuzumuten, einem solchen „Druck“ standzuhalten“, heiß es in der Verfügung.
Die Einstellung der Ermittlungen hat überhaupt nichts mit der Frage zu tun, ob Opfer von Abofallen im Internet nun bezahlen müssen oder nicht. Ganz im Gegenteil: Die Münchner Staatsanwaltschaft spricht von einer „unklaren Rechtslage“ und „zweifelhaften“ Gebühren, die Katja Günter einzufordern versuche:
„Folglich darf diese Verfügung keinesfalls dahingehend missverstanden werden, die Staatsanwaltschaft sei der Auffassung, es bestehe eine Zahlungsverpflichtung. (…) Hierüber haben im Streitfall allein die Zivilgerichte zu befinden. Eine irgendwie geartete Vorgabe, wie die (nicht unproblematisach erscheinende) Rechtslage zivilrechtlich zu sehen ist, ist mit dieser Verfügung in keiner Weise verbunden“, erklären die Ermittler.
Für Opfer von Kostenfallen im Internet hat sich also nichts geändert. Wer sich sicher ist, vom Anbieter eines Internetdienstes getäuscht oder betrogen worden zu sein, sollte sich von Inkassofirmen und Rechtsanwälten keinesfalls einschüchtern lassen.
Auch darauf weist die Staatsanwaltschaft nämlich hin: Die Internetdienste, die über Katja Günther & Co. Geld kassieren wollen, müssen im Ernstfall erst einmal nachweisen, dass es wirklich zu einem Vertragsschluss kam. „Ein solcher Nachweis (…) wird dem Online-Dienstleister kaum je gelingen, da insoweit die IP-Adresse nicht ausreicht, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Dritter sich unter falscher Identität angemeldet hat. (…) Eine Nachweisbarkeit wird allenfalls dann gegeben sein, wenn die betreffende Person den Anmeldevorgang einräumt“, so die Münchner Behörde.