Abmahnungen: 100-Euro-Grenze funktioniert oft nicht
Wenn ihre Kinder illegal Musik oder Filme tauschen, müssen Eltern bei einer Abmahnung immer noch mit Kosten in drei- oder vierstelliger Höhe rechnen. Die gesetzliche 100-Euro-Grenze pro Abmahnung funktioniert in der Praxis oft nicht, haben Verbraucherschützer festgestellt.
Seit September 2008 sollen Abmahnungen im Urheberrecht in einfach gelagerten Fällen nur noch 100 Euro kosten. Sprich: Wenn jemand im Internet – etwa über Tauschbörsen – illegal einen Film oder Musik verbreitet hat, kann er vom Rechteinhaber und dessen Anwalt zwar wie bisher abgemahnt werden. Fantasieforderungen in hoher drei- oder gar vierstelliger Höhe sollten dem Betroffenen aber erspart bleiben.
Mit der neuen Gesetzesregelung im § 97a Abs. 2 UrhG zog die Politik damals die Konsequenzen aus einem regelrechten Abmahn-Wahn. Viele Anwälte hatten die Abmahnung an sich als Geschäftsfeld entdeckt und massenhaft Verbraucher – oft Kinder oder Jugendliche – abgemahnt, um sich so eine goldene Nase zu verdienen. Leidtragende waren in vielen Fällen vor allem nichtsahnende Eltern. Sie mussten für die Abmahnkosten aufkommen, wenn ihre Kinder illegales Filesharing betrieben hatten – was sie nicht selten in massive finanzielle Schwierigkeiten brachte.
Diesem Missbrauch von Abmahnungen wollte die Politik eigentlich ein Ende setzen. Doch hat das auch funktioniert? Offenbar nicht.
„Die Regelung, in die zunächst viel Hoffnung gesetzt und die von der vormaligen Bundesregierung rechtspolitisch als unbedingt erforderlich erachtet wurde, hat sich aus Verbrauchersicht bisher nicht bewährt“, berichtet jetzt der Verbraucherzentrale Bundesverband in einer Stellungnahme. Die Erfahrung zeige stattdessen, dass Urheberrechtsverletzungen im Internet auch weiterhin „mit unverhältnismäßig hohen zivilrechtlichen Forderungen sanktioniert werden“.
Problem ist nach Ansicht der Verbraucherschützer, dass die Abmahner in vielen Fällen nicht von einem „einfach gelagerten Fall“ ausgehen – eine Voraussetzung für die 100-Euro-Deckelung. Außerdem unterstellten Gerichte bei Filesharer teilweise schon bei einem einzigen online gestellten Musikalbum ein „gewerbliches Ausmaß“: „Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbandes ist die Entwicklung in der Rechtsprechung zu dem Begriff „gewerbliches Ausmaß“ im Rahmen des Auskunftsbegehrens nach § 101 UrhG äußerst beunruhigend“, heißt es in der Stellungnahme weiter.
Der Schluss liegt für die Verbraucherschützer klar auf der Hand: Die 100-Euro-Grenze bei Abmahnungen funktioniert nicht so, wie von der Politik beabsichtigt. „Vielmehr werden in unterschiedlicher Höhe drei- bis vierstellige Beträge für Schadensersatz- und Rechtsanwaltskosten als sog. Vergleichsbeträge im außergerichtlichen Verfahren geltend gemacht, die die 100 Euro in vielen Fällen bei weitem übersteigen.“ Zu einer gerichtlichen Überprüfung komme es dabei nur selten, „da regelmäßig das Angebot zur Zahlung des Vergleichsbetrages angenommen wird.“
Was tun bei einer Abmahnung? Das erklärt Computerbetrug.de in einem eigenen Kapitel.