Studie: Jeder Fünfte surft ohne Virenschutz
Jeder fünfte Internetsurfer ist immer noch ohne aktuellen Virenschutz unterwegs. Das haben Bundeskriminalamt (BKA) und Branchenverband Bitkom herausgefunden.
Jeder fünfte Internetnutzer ist noch immer ohne aktuellen Virenschutz unterwegs – und damit leichte Beute für Internetkriminelle. Das haben der Internet-Branchenverband BITKOM und das Bundeskriminalamt (BKA) herausgefunden. Ein großes Problem. Denn gleichzeitig arbeiten Betrüger und Abzocker immer professioneller. „Schadprogramme sind zunehmend schwerer zu erkennen“, sagt Dieter Kempf, BITKOM-Präsidiumsmitglied und Vorstandsvorsitzender des Vereins „Deutschland sicher im Netz“.
BITKOM und BKA hatten für eine aktuelle Untersuchung deutsche Internetnutzer befragen lassen, ob und wie sie mit Online-Kriminalität konfrontiert wurden. Demnach sind Viren und andere Schadprogramme die häufigste Erfahrung mit Online-Kriminalität. 43 Prozent der Internet-Nutzer ab 14 Jahren – das entspricht 22 Millionen Deutschen – haben schon einmal erlebt, dass ihr Computer infiziert wurde. Im Vorjahr waren es noch 38 Prozent. „Schadprogramme können nicht nur Rechner lahmlegen, sondern spähen vermehrt digitale Identitäten aus“, sagt Kempf. Sieben Prozent der Nutzer wurden schon einmal persönliche Zugangsdaten für Online-Dienste gestohlen. Das entspricht 3,5 Millionen Deutschen.
Fünf Prozent der Internet-Nutzer – das sind 2,5 Millionen Menschen – haben BITKOM zufolge bisher einen finanziellen Schaden durch Datendiebstähle oder Schadprogramme erlitten. Sechs Millionen (11 Prozent der Nutzer) wurden von einem Geschäftspartner im Internet betrogen, etwa beim Shopping, einer Auktion oder einem privaten Verkauf.
Laut der Befragung von BITKOM und Forsa sind zwei Prozent der Internet-Nutzer schon einmal Opfer eines Betrugs beim Online-Banking geworden. Die Zahl der Betrugsfälle steigt derzeit stark an. BKA und BITKOM rechnen mit bis zu 5000 angezeigten Phishing-Fällen für 2010 – ein Plus von rund 71 Prozent. Die Schadenssumme wird der Prognose zufolge bei 17 Millionen Euro liegen. Im ersten Halbjahr 2010 lag der durchschnittliche Schaden der gemeldeten Einzelfälle bei rund 3.500 Euro. Bereits im Jahr 2009 waren die Phishing-Zahlen deutlich gestiegen – um 64 Prozent auf mehr als 2.900 Fälle. Kriminelle hoben etwa 12 Millionen Euro von Konten der Geschädigten ab.
Den Hauptgrund für steigende Phishing-Zahlen sieht das BKA in neuen Schadprogrammen, die anspruchsvolle Sicherungsmechanismen überwinden. Auch die Angriffsmethoden zur Infektion von PCs mit Schadprogrammen seien raffinierter geworden. „Die simple Eingabe von Geheimzahlen reicht als Sicherheitsmaßnahme bei Überweisungen längst nicht mehr“, so Kempf. „Gesundes Misstrauen und eine moderne Sicherheitsausstattung des PCs sind ebenso wichtig. Wer das beherzigt, für den ist Online-Banking eine sichere Sache.“ Laut BITKOM verzichten bislang 28 Prozent der Internet-Nutzer aus Sicherheitsbedenken auf Online-Banking. „Hier gibt es noch hohen Informationsbedarf“, so Kempf.
„In immer mehr Kriminalitätsbereichen verwenden Betrüger das Internet“, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke. So wurden 2009 in der Polizeilichen Kriminalstatistik rund 207.000 Fälle mit dem Tatmittel Internet registriert – 23 Prozent mehr als 2008. Um 33 Prozent auf rund 50.000 Fälle stieg die sogenannte IuK-Kriminalität im engeren Sinne – also Straftaten, die mithilfe oder gegen moderne Informations- und Kommunikationstechnik begangen wurden. Ziercke: „Die im Cybercrime aktiven Täter sind höchst innovativ, flexibel und reagieren auf neue Sicherungstechniken mit neuen oder angepassten Begehungsweisen.“
Das BKA beobachtet konspirativ und arbeitsteilig vorgehende, international agierende Tätergruppen, denen es um möglichst hohe Profite geht. Neu ist Schadsoftware, die gleichzeitig Online-Banking- und Kreditkartendaten ausspioniert. Zudem gibt es erste Anzeichen dafür, dass mit der steigenden Nutzung von Smartphones ein neuer Trend der IuK-Kriminalität einhergehen könnte. So wurden bereits Programme beobachtet, die sich als Spiele-Applikationen ausgaben, aber tatsächlich im Hintergrund teure Mehrwert-SMS verschickten.
Nach wie vor bedienen sich Täter, um nicht selbst in den Fokus der Ermittler zu geraten, gutgläubiger Gehilfen, die Waren oder Gelder gegen eine Provision in das Ausland weiterleiten.
BITKOM und BKA kündigten regelmäßige Konsultationen zur IT-Kriminalität an. Damit soll der Informationsaustausch zwischen Wirtschaft und Polizei weiter intensiviert werden. BITKOM und BKA wollen auch bei der Aufklärung der Nutzer eng kooperieren. „IT-Branche, Sicherheitsbehörden und Banken müssen noch zahlreiche Nutzer überzeugen, sich aktiv zu schützen“, sagte Kempf.