Millionenbetrug mit falschen Gewinndiensten: Prozess in Essen beginnt
Wegen Millionenbetrugs mit angeblichen Gewinnspieldiensten wie Win-Express, Extrawin.tv und Eurowin 24 müssen sich von Montag an ein Mann und eine Frau in Essen vor Gericht verantworten.
Die beiden Beschuldigten sollen 2009 und 2010 gemeinsam mit Komplizen rund 70.000 Menschen um bis zu sechs Millionen Euro betrogen haben.
Der Anklage zufolge hatte sich der Mann über Kontakte in der Call-Center-Branche Adressdaten – vor allem ältere Kundendaten von Lotteriegesellschaften – besorgt. Die potenziellen Opfer ließ er dann von Callcentern anrufen. Die Callcenter-Beschäftigten mussten den Angerufenen gegenüber behaupten, sie hätten an einem zunächst kostenlosen Gewinnspiel in Verbindung mit einem Gewinnspieleintragungsdienst teilgenommen und dabei die Kündigungsfrist versäumt. Deshalb müssten für mindestens drei Monate einen Betrag von – je nach Produkt – 89 Euro (Win-Express, Deutscher Vorteilsclub 49), 95,70 Euro (Extrawin.tv) oder 149,70 Euro (Eurowin 24) bezahlen.
Im Fall einer Zahlungsverweigerung wurde den Opfern mit der Einschaltung von Inkasso-Diensten, Rechtsanwälten und Schufa-Eintragungen gedroht, so das Landgericht Essen. In Wirklichkeit hatten die Opfer nirgendwo teilgenommen. Auch bei den Internetseiten der angeblichen Gewinndienste handelt es sich den Ermittlungen zufolge „um bloße Fassaden (…) um so den Anschein zu erwecken, es handele sich um seriöse und tatsächlich existente Angebote.“
Um an die Kontodaten der geschädigten Personen zu kommen, wurde diesen gegenüber behauptet, diese müssten, zur Wirksamkeit der „Kündigung“, nochmals bestätigt werden. „Tatsächlich gelang es so die Geschädigten zur Bekanntgabe ihrer Kontodaten zu veranlassen“, so das Gericht. Anschließend sei von dem jeweiligen Call-Center-Agenten ein „Voice File“ erstellt worden, dass eine aus dem Kontext gerissene Zustimmung des Geschädigten zum Lastschrifteinzug dokumentieren sollte.
Im Laufe eines Jahres sollen die mutmaßlichen Betrüger so bei rund 70.000 Menschen knapp sechs Millionen Euro abgebucht haben. Davon wurden rund 3,32 Millionen von den Geschädigten zurückgebucht. Im Falle der Rückbuchung ließ der Angeklagte die Opfer allerdings von einem Rechtsanwalt, gegen den nun ebenfalls ermittelt wird, mahnen.
Die Daten der Gewinnspiel-Opfer soll der Beschuldigte dann gleich weiter verkauft haben.
Die XXI. Strafkammer des Landgerichts Essen hat für den Prozess wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs fünf Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil soll im Januar fallen.