100.000 Opfer durch gefälschte Webshops: Polizei fasst Betrügerbande
Schlag gegen den Betrug im Internet: Bayerische Fahnder haben eine Bande dingfest gemacht, die mehr als 100.000 Menschen mit gefälschten Webshops um ihr Geld gebracht haben soll.
Staatsanwaltschaft Augsburg und Bayerisches Landeskriminalamt (LKA) waren der Bande seit gut eineinhalb Jahren auf der Spur. Am 11. Mai schlugen die Ermittler dann zu. Bundesweit durchsuchten mehr als 170 Polizeibeamte 29 Häuser und Büros und verhafteten acht Personen im Inland, darunter die mutmaßlichen Drahtzieher der Bande. Ein weiterer Verdächtiger wurde in Österreich gefasst.
Vorkasse verlangt, Ware nicht versandt
Die Masche der Täter: Sie boten im Internet in etlichen Webshops – unter anderem unter der Adresse ja-kaufen.com – Waren gegen Vorkasse an, lieferten aber nie. Für das Impressum missbrauchten sie dabei häufig echte Daten ahnungsloser Firmen und boten dann Artikel aller Art zu auffällig günstigen Preisen. Als Bezahlung wurde Vorkasse meist auf ein deutsches Konto gefordert, was die meisten Geschädigten sorglos akzeptierten.
Die Konten stellten von den Tätern angeworbene Finanzagenten zur Verfügung. Dabei handelte es sich um Privatpersonen, die meist per E-Mail geködert wurden, ihr Konto gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Sie sollten für ihren neuen „Arbeitgeber“ Gelder entgegen nehmen und weiter transferieren bzw. sie überließen die Zugangsdaten zum Online-Banking den „Arbeitgebern“. Dabei war den Finanzagenten meist nicht bewusst, dass sie zur Geldwäsche missbraucht werden und sich ggf. selbst strafbar machten, so die Polizei in einer Presseerklärung.
Die entgegengenommenen Gelder der Internetkunden wurden zumeist in die Schweiz und die Türkei überwiesen; in Einzelfällen hoben die Finanzagenten das Geld bar ab und übergaben es an einen Geldboten.
„In seiner Dimension bisher einzigartig“
„Dieses Verfahren ist in Bezug auf die Enttarnung von Internettätern und in seiner Dimension bisher einzigartig“, sagt der Präsident des Bayerischen Landeskriminalamts, Peter Dathe.
Die Ermittlungen zu den Drahtziehern gestalteten sich sehr schwierig, da die Täter die Spuren im Internet mit der Verwendung von falschen Personalien und ausgeklügelten Verschleierungstechniken gekonnt verwischten. Sie kommunizierten untereinander in verschlüsselten Chats in Kombination mit Anonymisierungssoftware oder wickelten ihren Mail-Verkehr über gehackte Fremdrechner ab.
Die kriminelle Energie der Täter zeigte sich auch daran, dass Internetforen, die vor den Machenschaften warnten, mit DDoS-Angriffen mehrfach lahm gelegt und die Verantwortlichen mit körperlichen Repressalien bedroht wurden.
Zwölf der bisher ermittelten Tatverdächtigen haben ihren Wohnsitz in Deutschland, einer stammt aus Österreich. Hierbei handelt es sich um Männer und Frauen im Alter von 20 bis 39 Jahren.
MIllionenschaden vermutet
Die Ermittler vermuten, dass die Tatverdächtigen unter Mithilfe von etwa 1.000 Finanzagenten einen Schaden in Millionenhöhe verursacht haben – bei rund 100.000 Opfern.
Im Fall einer Verurteilung drohen den Beschuldigten mehrjährige Freiheitsstrafen – zumindest theoretisch. Angesichts des zu erwartenden Mammut-Prozesses ist nicht auszuschließen, dass der ein oder andere Beschuldigte im Zuge eines sogenannten Deals gegen ein Geständnis mit einer geringeren Strafe davonkommt.