Snowden und die totale Überwachung: Das sagen die deutschen Medien

Prism,Tempora, Telefondaten: Amerikanische und britische Geheimdienste lesen unsere Mails, hören unsere Telefonate ab, registrieren, welche Webseiten wir wann und wo abrufen. Aufgedeckt hat die gigantische Ausspähung der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der nun auf der Flucht ist. Computerbetrug.de hat die Reaktionen deutscher Medien zu dem Fall gesammelt. 

Totale Überwachung durch Geheimdienste. Bild: Gina Sanders/Fotolia.com

Totale Überwachung durch Geheimdienste. Bild: Gina Sanders/Fotolia.com

„Schmähungen, Strafprozess, Haft, Arbeitslosigkeit – das droht Edward Snowden. Doch US-Politiker sollten ihn nicht Verräter nennen. Snowden hat das getan, was der Präsident versäumt hat. Er hat die Amerikaner über eine Kontrollwut aufgeklärt, die es nicht geben dürfte. Ob seine Tat etwas ändert, ist allerdings fraglich.“ Süddeutsche.de

„Es ist peinlich für die USA: Die Supermacht ist offenbar fähig, jede Kommunikation im Internet weltweit anzuzapfen, aber sie ist unfähig, den Mann, der das ans Tageslicht gebracht hat, aufzuspüren. Noch peinlicher ist, dass die Vereinigten Staaten sich vor allem über diesen Umstand aufregen, nicht aber hinterfragen, ob das, was sie tun, in Ordnung ist.“ Mittelbayerische Zeitung

„Edward Snowden ist kein Held. Er hat keines Menschen Leben gerettet. Aber er hat auch niemanden verraten. Er hat nur ausgesprochen, was für die Geheimdienste dieser Welt offenbar vollkommen selbstverständlich ist, nämlich mit großer technischer Finesse die privaten Depeschen von Millionen Menschen systematisch zu durchleuchten. Er hat dafür gesorgt, dass sich Bürger und Regierungen fragen müssen, wie sie es mit den Freiheitsrechten halten.“ WAZ

„Wer im Internet aktiv ist, wird durchleuchtet, E-Mails werden mitgelesen, Personendaten gespeichert. Alle sind, alles ist verdächtig. Die Totalüberwachung ist Realität, und dennoch: Die Aufregung hält sich seltsam in Grenzen. Vielleicht weil die Vorstellung, wer denn das alles lesen und auswerten soll, so aberwitzig bleibt.“ Neue Westfälische

„Wer sich als Bürger einer solch ungezügelten, unkontrollierten Durchleuchtung gewiss sein muss, ist kein freier Mensch mehr. Selbst die Notwendigkeit, sich gegen Terror und Verbrechen zur Wehr setzen zu müssen, kann einen solchen Anschlag auf die Freiheit nicht rechtfertigen.“ Stuttgarter Zeitung

„Das britisch-amerikanische Überwachungsprogramm Tempora markiert einen historischen Wendepunkt. Geheimdienste haben sich, unbemerkt von der Öffentlichkeit, das Potential zur orwellschen Totalüberwachung verschafft. Regierungen haben ihren Wählern gezielt verheimlicht, wie sie beobachtet werden.“ Spiegel Online

„Die Aufdeckung der weitgehenden Überwachung des Internetverkehrs stellt eine Zäsur dar, der wir hilflos gegenüber stehen. Es mag zwar wie eine Niederlage für die Geheimdienste von USA und Großbritannien anmuten, dass Edward Snowden über sie berichtet. (…) Aber letztlich werden die Geheimdienste mit der Situation leben können. Denn zumindest ein Effekt spielt ihnen wieder in die Hände. Wer das Nullargument „wer nicht zu verbergen hat“ bringt, hat noch nie etwas von Formierung gehört. Die Auswirkungen von bekannter Überwachung ist, dass sie Opposition dämpft, abweichendes Verhalten abstellt. Eine Schere im Hinterkopf, der eigene innere Zensor, surft spätestens ab jetzt bei mehr Personen mit.“ netzpolitik.org

„Dass Snowden buchstäblich den Rest seines Lebens riskierte, um die zwielichtigen Überwachungsmethoden der Geheimdienstbehörde NSA bloßzulegen, wird von vielen bewundert. Doch die meisten Amerikaner sind überzeugt, dass Snowdens Prinzipientreue in keinem Verhältnis steht zum Schaden, den er der nationalen Sicherheit zugefügt haben soll. Das sehen natürlich die Geheimdienste und allen voran Präsident Barack Obama genauso.“ Südwestpresse

„Die Erfahrung lehrt, dass was technisch möglich geworden ist, nicht mehr zurückgenommen werden kann. Umso mehr braucht es deshalb jetzt verbindliche Regeln: demokratisch legitimiert und völkerrechtlich verbindlich fixiert. Der Westen bildet sich viel ein auf seine gemeinsamen Werte. Es wird Zeit, dass die Bürger ihre Regierungen auch in der Netzpolitik an diese gemeinsamen Grundlagen erinnern.“ Zeit.de