Redtube: Landgericht stoppt Abmahnwelle – Strafanzeige gegen Urmann
Die Redtube -Abmahnwelle ist gestoppt – durch Redtube selbst: Die Betreiber des Porno-Portals haben beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen die Firma „The Archive“ erwirkt. Damit dürfen keine Streaming-Abmahnungen mehr verschickt werden. Auch sonst wird es langsam eng für die Abmahner.
Zehntausende Menschen waren Anfang Dezember von der Kanzlei Urmann & Collegen abgemahnt worden, weil sie angeblich Video-Streams auf dem Portal Redtube gesehen und damit gegen das Urheberrecht verstoßen hätten. U+C forderte die Betroffenen im Namen der Firma „The Archive“ auf, 250 Euro zu bezahlen und eine Unterlassungserklärung abzugeben.
Doch Betroffene der Abmahnwelle taten offensichtlich gut daran, nicht zu bezahlen. Heute, gut vier Wochen nach dem Start der Redtube-Abmahnungen, spricht vieles dafür, dass die Abmahnungen als Schuss nach hinten losgegangen – und die Abmahner die Verlierer sind. Hier der aktuelle Stand der Dinge:
Landgericht Köln rudert zurück – Datenherausgabe wohl ein Fehler
Das Landgericht Köln, das die Herausgabe von tausenden Namen und Adressen angeblicher Redtube-Nutzer erlaubte, hat inzwischen eingeräumt, einen Fehler gemacht zu haben. „Einige Kammern haben bereits signalisiert, dass sie die inzwischen aufgetauchten Bedenken u.a. an der Ordnungsgemäßheit der Ermittlung der IP-Adressen für beachtlich halten“, hieß es in einer Presseerklärung. „Diese Kammern haben mitgeteilt, dass sie dazu neigen, an ihrer ursprünglichen Einschätzung nicht mehr festzuhalten und den Beschluss aufzuheben bzw. auszusprechen, dass dadurch der Anschlussinhaber in seinen Rechten verletzt wurde.“ Im Januar soll die endgültige Entscheidung fallen.
Staatsanwaltschaft Köln ermittelt wegen Datenherausgabe
Die Staatsanwaltschaft Köln hat Ermittlungen aufgenommen. Die Fahnder prüfen, ob beim Landgericht Köln falsche eidesstattliche Erklärungen vorgelegt wurden, um an die Namen der später Abgemahnten zu kommen.
Redtube erwirkt einstweilige Verfügung gegen Abmahner
Auch Redtube selbst ist aktiv geworden. Die Betreiber des Portals haben vor dem Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung die Abmahner-Firma „The Archive AG“ erwirkt. Demnach darf das Unternehmen vorerst keine weiteren Abmahnungen verschicken. „Diese Entscheidung ist nicht nur ein Sieg für die Nutzer von RedTube, sondern für jede Person, die Streaming-Webseiten besucht“, sagte Alex Taylor, den Vizechef von Redtube. „Es ist eine klare Botschaft, dass die Ausnutzung von persönlichen Informationen und die Verletzung der Privatsphäre aus rein finanziellen Interessen nicht toleriert wird.“
Strafanzeige gegen Abmahner Urmann
Die Anwaltskanzlei Müller und Rössner hat gegen Abmahn-Anwalt Thomas Urmann Strafanzeige wegen des Verdachts der Nötigung, des schweren Betrugs und der Erpressung bzw. Betrugs erstattet. Diese wird nun von den Behörden geprüft.
Experte vermutet versuchten Betrug hinter Abmahnungen
Dass die Streaming-Abmahnungen den Straftatbestand des (versuchten) Betrugs erfüllen, vermutet auch Ulf Buermeyer, früherer Mitarbeiter des Bundesverfassungsgerichts und Richter am Landgericht Berlin. In einer juristischen Analyse auf heise.de rief er Abgemahnte dazu auf, aktiv zu werden. „Wer sich sicher ist, einen abgemahnten Film nicht gesehen zu haben, und dies auch für andere Nutzer seines Zugangs ausschließen kann, der sollte Strafanzeige stellen und darum bitten, über den Fortgang des Verfahrens informiert zu werden“. Buermeyer nannte die Abmahnwelle den „Enkeltrick“ des Internet-Zeitalters: „Die Hintermänner setzen gezielt auf die Unbedarftheit ihrer Opfer und versuchen, sie zu unbegründeten Zahlungen bringen, zumal wenn es um peinliche Vorwürfe geht. Diese Masche sollte entsprechend energisch verfolgt werden.“