Lotto 3000: Staatsanwalt erhebt Anklage wegen massenhafter Telefonabzocke
Lotto 3000 dürften etliche Verbraucher in Deutschland noch in böser Erinnerung haben. Gut drei Jahre nach der massenhafte Abzocke an Telefon hat die Staatsanwaltschaft Mannheim jetzt Anklage gegen vier Beschuldigte erhoben – darunter einen Heidelberger Rechtsanwalt.
Die Beschuldigten stehen im Verdacht, im Jahr 2011 über vier Call-Center unter Angabe falscher Versprechen eine angebliche Lottospielgemeinschaft „Lotto 3000“ an meist ältere Leute vertrieben zu haben. Den Opfern wurde dabei am Telefon vorgegaukelt, sie hätten einen Gutschein im Wert von 100 Euro gewonnen. In Wirklichkeit ging es darum, den Opfer – meist eben Senioren – vermeintliche Verträge unterzujubeln.
Gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsmöglichkeiten seien dabei bewusst verschleiert worden, so die Ermittler. Und nicht nur das: Die Angerufenen wurden den Ermittlungen zufolge dazu gebracht, in den Telefonaten möglichst oft „Ja“ zu sagen – um die aufgezeichneten Gespräche dann im Sinne der Täter durch digitales Schneiden zu manipulieren.
Telefonterror gegen tausende Opfer
Sofern sich die Geschädigten weigerten, geforderte Gelder für Lotto 3000 zu bezahlen, wurden ihnen der Anklage zufolge Mahnungen und Anwaltsschreiben übersandt. Darüber hinaus sollen die Angeschuldigten ein System des „Telefonterrors“ eingeführt haben: Zahlungswillige Geschädigte wurden durch automatische Bandansagen und ständige Anrufe mit inhaltlich immer drastischeren Ansagen zu Zahlungen gebracht. So sei mit Gerichtsvollziehern und der Wegnahme des Fernsehers gedroht worden. Auch seien in den Gesprächen Sätze gesagt worden wie „(…) Mein Chef ist mir heute Morgen über den Weg gelaufen und er war wirklich stinksauer. Er schrie: Wenn dein Kunde jetzt nicht sofort bezahlt, dann schmeiß ich dich raus, und zwar eigenhändig. Das wird echt schlimm für dich und schmerzhaft. Ich war wirklich schockiert, konnte überhaupt nicht antworten und deswegen rufe ich Sie heute an, denn von Ihnen fehlt noch immer Geld…“
Lotto 3000: Anwalt sitzt in Untersuchungshaft
Angeklagt in Sachen Lotto 3000 sind nun vier Verdächtige aus Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Ihnen wird Erpressung, strafbare Werbung und Betrug vorgeworfen.
Der Rechtsanwalt, der das miese System erfunden haben soll, sitzt in Untersuchungshaft. Bei zwei weiteren Angeschuldigten handelt es sich um den Betreiber und die Leiterin eines Call-Centers.
An über 30.000 Geschädigten – davon rund 5.000 älter als 80 Jahre – wurden 42.362 Mahnungen geschickt, 9.442 davon mit dem Absender des angeschuldigten Rechtsanwalts. Insgesamt 15.547 Personen waren von den Drohanrufen betroffen. Sechs Geschädigte mussten mehr als 1.000 Anrufe ertragen, weitere 102 Geschädigte mehr als 500. Bei einem der Beschuldigten wurden später rund 95.000 Euro eingefroren – Beutegeld, das Betroffenen zurückgezahlt werden soll.
Für die Anklageerhebung wurde das Verfahren auf rund 1.000 Geschädigte beschränkt. Den Beschuldigten drohen mehrjährige Freiheitsstrafen.