YouNow: Wenn Kinder live aus dem Schlafzimmer senden

Der Video-Dienst YouNow ruft Jugerndschützer und Juristen auf den Plan.

Der Video-Dienst YouNow ruft Jugerndschützer und Juristen auf den Plan.

YouNow wird zum Trend in deutschen Kinderzimmern. Immer mehr Kinder und Jugendliche filmen sich mit der Handy-App und übertragen das Ganze live ins Internet. Dort können Tausende anonym zusehen – auch Menschen mit bösen Hintergedanken. Was Eltern über YouNow wissen sollten.

YouNow wurde eigentlich gegründet, um Musikern und anderen Künstlern eine kostenlose Plattform zu schaffen. In Deutschland begeistert der Dienst aber vor allem Kinder und Jugendliche – und ruft zunehmend besorgte Jugendschützer und Juristen auf den Plan. Was müssen Eltern über YouNow wissen? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist YouNow?

YouNow ist eine Dienst, mit dem jeder Livesendungen im Internet ausstrahlen kann. Benötigt wird dazu lediglich eine Handy-Kamera oder eine Webcam.

Wie funktioniert YouNow genau?

Sehr einfach: Man lädt sich die kostenlose YouNow-App auf das Smartphone oder besucht die Webseite. Dann meldet man sich über Facebook, Twitter oder Google Plus an – und kann mit der eigenen Livesendung beginnen. Verwendet wird dazu eine Webcam – die in vielen Laptops und Tablets bereits integriert ist – oder die Smartphone-Kamera.

Eine Begrenzung der Zuschauerzahl gibt es bei den Livesendungen nicht – theoretisch können hunderte oder tausende Menschen anonym mitverfolgen, was man über die (Handy-)Kamera filmt. Außerdem können die Zuschauer per Chat mit dem Sender direkt in Kontakt treten, Fragen stellen oder das Gezeigte live kommentieren.

Wer nutzt die App?

In Deutschland vor allem Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren. Bei den „Trending Topics“, als den beliebtesten Themen bei YouNow, stehen die Hashtags #deutsch-girl und #deutsch-boy derzeit ganz oben.  YouNow selbst schreibt in seinen Nutzungsbedingungen, dass Nutzer des Dienstes mindestens 14 Jahre alt sein müssen und Minderjährige die Einwilligung ihrer Eltern brauchen. Kontrolliert wird dies allerdings nicht.

Kontrolliert jemand, was die Teilnehmer senden?

YouNow überwacht die Streams angeblich ständig mit einem Moderatorenteam. Ob dies angesichts der stark steigenden Nutzerzahlen wirklich möglich ist, sei dahingestellt.

Was sind die Risiken bei YouNow?

Jugendschützer und Juristen sehen den Erfolg von YouNow mit großer Sorge. Denn wer den Dienst nutzt, setzt sich gleich mehreren Gefahren aus:

Datenschutz: Viele der jungen Nutzer zeigen sich nicht nur in sehr intimen Situationen wie etwa in ihrem Bett, sie geben auch sehr freimütig private Daten heraus, ihr Alter ebenso wie ihren Wohnort, ihren Klarnamen, und ihre Lebensgewohnheiten.

Stalker, Trolle und Voyeure: Das Funktionsprinzip von YouNow – junge Sender, anonyme Zuschauer – ruft auch Menschen mit fragwürdigen Motiven auf den Plan. Jugendschützer warnen, dass Pädophile und Stalker bei YouNow auf Opferjagd gehen könnten. Tatsächlich sind viele Kommentare, denen sich die Jugendlichen ausgesetzt sehen, sexuell motiviert oder ruppig.

Jugendpornografie: Doch auch Nutzern, die über YouNow einfach nur zusehen, bewegen sich schnell in einer rechtlichen Grauzone. „Sofern Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren in diesem Stream erscheinen, kann die Grenze zu einer Strafbarkeit schnell überschritten werden“, warnt Justiziar Joerg Heidrich im Fachportal heise.de. Sollten die Jugendlichen nämlich sexuelle Handlungen an sich vornehmen oder  „in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung“ posieren, drohen auch dem Zuschauer nach § 184 StGB (Jugendpornografie) Ermittlungen.

Urheber- und Persönlichkeitsrecht: Vielen Nutzern von YouNow dürfte nicht bewusst sein, dass sie bei ihren Sendungen unter Umständen gegen geltendes Recht verstoßen und entsprechend abgemahnt werden können. So dürfen sie zum Beispiel keine Dritten ungefragt mitfilmen, weil dies gegen das Recht am eigenen Bild verstößt. Ebenso kann es kritisch werden, wenn während der Livesendung im Hintergrund Musik läuft. Die Rechteinhaber – also Musikfirmen – könnten hier Geld verlangen.

Archivfunktion: Das Internet vergisst bekanntlich nichts. Auch die Livesendungen über YouNow können von Dritten aufgezeichnet, gespeichert und weiterverbreitet werden. Nutzer haben also nicht in der Hand, was mit ihren Sendungen passiert. Das kann in der Zukunft peinlich werden – etwa dann, wenn Aufzeichnungen der Streams von Dritten ungewollt und ungefragt verbreitet werden.

Sollte ich meinen Kindern verbieten, YouNow zu nutzen?

Verbote bringen erfahrungsgemäß wenig – zumal spätestens am nächsten Tag in der Schule der Zugriff auf den Dienst über Freunde und Bekannte wieder möglich ist. Besser ist es, sich zusammen mit seinen Kindern mit dem Dienst zu beschäftigen, die Risiken zu besprechen – und klare Regeln für die Nutzung zu erstellen.