Digitaler Nachlass: Was tun, wenn der Nutzer stirbt?

Tod online

Sponsored: Ob Facebook, Amazon oder Google: Menschen haben heutzutage viele Accounts im Internet. Aber was passiert eigentlich mit diesen Nutzerkonten, wenn der Betroffene stirbt? Wie bekommen Erben Zugriff? Und wie kann man für den Fall des Falles selbst vorsorgen?

Kennen Sie all Ihre Internetaccounts? Viele denken jetzt vermutlich an Amazon, Facebook oder Google. Dabei ahnt und weiß es jeder: Man hat noch mehr Accounts. Nur wenige dürften sie alle – noch dazu samt Zugangsdaten – zusammenkriegen. Und nur die allerwenigsten haben vermutlich vorgesorgt, dass Hinterbliebene darauf zugreifen können, sollte man plötzlich nicht mehr da sein. Dabei wird der digitale Nachlass immer wichtiger. Wie Erben Zugriff erlangen, ist für die Gesetze dagegen noch Neuland. Was kann man selbst tun?

Erben werden Vertragspartner

E-Mail, Online-Banking, Online-Shops, PayPal, Sofortüberweisung, Webhoster, Foren und zahllose weitere Online-Dienste – durch jahrelange Internetnutzung hinterlässt jeder seine Spuren in der unendlichen Datenflut. Endlich ist dagegen das Leben. Mit dem Tod verschwinden die Daten allerdings nicht, wie jeder weiß.

Genauso wenig verlieren auch Verträge automatisch mit dem Tod ihre Wirkung. Vielmehr treten die Erben in damit verbundene Rechte und Pflichten ein. So auch in die Verhältnisse mit Online-Diensten. Diese sind meist umfangreich vertraglich geregelt. Wer wie fast jeder zur Anmeldung schnell die AGB abhakt, dem fällt das nur kaum auf oder interessiert es einfach nicht. Interessant werden die Regeln erst, wenn es mal hakt. So können kostenlose Dienste auf die Idee kommen, auf Zahlungspflicht umzustellen oder gespeicherte Daten weitaus mehr als bisher zu nutzen. Ebenfalls erhebliche Probleme können Online-Bestellungen oder laufende eBay-Auktionen bereiten. Erben können die Abwicklung nicht einfach verweigern, weil der Besteller, Bieter oder Versteigernde stirbt. Eventuell ist jedoch noch eine Stornierung oder ein Abbruch möglich.

Überblick zu Lebzeiten verschaffen

Auch dass man online auf Vermögen zugreift, ist für viele inzwischen normal, wie etwa auf ein Guthaben beim Zahlungsdienst PayPal. Nicht direkt Vermögen, zumindest aber Vermögensrelevanz hat auch der Inhalt eines E-Mail-Accounts. Das gilt besonders für geschäftlich genutzte E-Mail-Postfächer. Aber auch private E-Mails können entscheidende Aussagen für die Auslegung eines unklaren Testaments enthalten. Websites oder Social-Media-Profile Verstorbener können wiederum den Anschein erwecken, dass die Person noch lebt. Geburtstagswünsche oder Fragen wie „Wie geht’s?“ wirken zumindest befremdlich. Und auch so manche Aussage möchte man im Nachhinein lieber nicht mehr online sehen. Niemand sollte das „digitale Erbe“ daher unterschätzen. Sich einen Überblick über die Accounts zu verschaffen, macht Sinn. Anschließend sollte man eine Möglichkeit schaffen, damit Hinterbliebene auf die Zugangsdaten zugreifen können. Das spart viel Zeit und Mühe.

Kein leichter Zugriff

Denn sollte man eines Tages nicht mehr da sein, haben es die Hinterbliebenen regelmäßig schwer. Um den digitalen Nachlass handlen zu können, müssen sie sich mit den einzelnen Anbietern auseinandersetzen. Erschwerend kommt hinzu: Nahezu jeder hat seine eigenen Anforderungen, wie man sich als Rechtsnachfolger ausweisen muss. Mitunter gestaltet sich bereits die Suche danach als mühsam. Hat man sie gefunden, ist der verlangte Aufwand nicht selten hoch. Schließlich denkt der Anbieter auch an sich: Wer unautorisierten Personen den Zugriff ermöglicht, riskiert einen Imageschaden. Und trotz NSA-Überwachung gelten im alltäglichen Rechtsverkehr weiterhin Fernmeldegeheimnis und das Datenschutzgesetz.

Hinzukommend sitzen viele Anbieter wie Google im Ausland, insbesondere in den USA. Sie gehen oft von den Maßstäben vor Ort aus. Allein mit der Sterbeurkunde kommt man daher selten zum Ziel. Und selbst wenn, gibt es dann statt des Zugriffs nur die Löschoption – besonders fatal bei E-Mail-Konten – oder das Versetzen in einen Erinnerungsstatus. Mittlerweile denken einzelne Anbieter auch über Vereinfachungen nach. Eine Idee ist das Benennen einer Vertrauensperson, die im Todesfall leichter Zugriff erhalten soll. Dafür begibt man sich wiederum in die Hände des Anbieters und erhält auch nur dort leichteren Zugriff. Mit den Zugangsdaten ist man da in jedem Fall besser bedient.

Zugangsdaten sicher hinterlegen

Am einfachsten wäre es, den Hinterbliebenen die jeweiligen Zugangsdaten zu hinterlassen. Doch leider ist die einfachste Lösung nicht immer die beste. Vieles spricht dagegen, sie einfach weiterzugeben: das fehlende notwendige Vertrauen, der damit verbundene Sicherheitsverlust, der erhebliche Aufwand bei Passwortänderungen. Viele Diensteanbieter verpflichten zudem zur sicheren Verwahrung der Passwörter.

Dennoch: Sofern man die Zugangsdaten verschlüsselt in einem Datencontainer oder einer Passwortverwaltung auf der Festplatte hinterlegt, ist das per se keine schlechte Idee. Das zur Entschlüsselung benötigte Masterpasswort könnte man so verwahren, dass nur mehrere Personen gemeinsam den Zugriff erlangen können. Etwa durch Aufteilen des Passworts, wobei jede Vertrauensperson nur einen Teil davon erhält und sich das komplette Passwort nur in Kombination ergibt. Noch sicherer, allerdings mit Kosten verbunden, ist es, das Passwort in einem Bankschließfach zu hinterlegen oder es notariell verwahren zu lassen.

Ein Beitrag von
 
Christian Günther
Assessor und Redakteur
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