Diese Strafen drohen bei Facebook-Pöbeleien gegen Flüchtlinge
Hasskommentare gegen Flüchtlinge und Asylbewerber werden zunehmend zum Problem bei Facebook & Co. Dabei ist vielen Kommentatoren offenbar nicht bewusst: Sie stehen mit einem Bein im Gerichtssaal.
Immer mehr Menschen suchen in Deutschland Asyl. Über eine halbe Millionen Menschen werden 2015 wohl in Deutschland Asyl beantragen – eine hohe Zahl, die vor allem die Kommunen vor Probleme stellt. Denn die Flüchtlinge müssen irgendwo unterkommen und bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag versorgt werden.
Die Flüchtlingsproblematik wird auch in den sozialen Netzwerken fleißig diskutiert – mit zum Teil üblen Auswüchsen. Unter dem Deckmäntelchen der Meinungsfreiheit wird geschimpft und gehetzt, beleidigt, und teilweise sogar offen unter vollem Namen zu Straftaten und Gewalt gegen Asylbewerber aufgerufen.
Was die selbsternannten besorgten Mitmenschen oft falsch einschätzen: Mit ihren Hasskommentaren überschreiten sie durchaus die Grenzen des Erlaubten. „Die Grenze zur freien Meinungsäußerung, die von Art. 5 des Grundgesetzes geschützt wird, ist dann erreicht, wenn es sich bei den Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen handelt oder wenn die Äußerungen beleidigende Aussagen oder Schmähkritik enthalten“, sagt der Kölner Meedienanwalt Christian Solmecke. Oder andersherum gesagt: „Geht es nur noch darum eine Person oder eine Personengruppe zu beleidigen oder zu beschimpfen, dann ist die Grenze zur Meinungsfreiheit überschritten.“
Was bedeutet das konkret?
Im Rahmen der Flüchtlingsdebatte sind in den allermeisten Fällen Personengruppen betroffen. Die Hasskommentare richten sich allgemein gegen „die Asylanten“ oder „die Flüchtlinge“.
Wenn hier zu einer Straf- oder Gewalttat aufgerufen wird oder schlicht die Menschenwürde der betroffenen Personengruppe durch Beschimpfungen oder bloße Hassbekundungen verletzt wird, dann ist schnell der Tatbestand der Volksverhetzung erreicht. „Das ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Es droht den Äußernden bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe“, sagt Anwalt Solmecke.
Voraussetzung dafür ist, dass der öffentliche Frieden durch die Äußerungen gestört wird. „Das ist aber schon dann der Fall, wenn das öffentliche Klima vergiftet wird, dadurch dass bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt werden und sich infolge dessen potentiell nicht mehr sicher fühlen“, so Solmecke. „Für ein Gefühl der Unsicherheit reicht es bereits aus, wenn ein gewisses Publikum zu Übergriffen, wie beispielsweise dem Anzünden von Asylantenheimen, aufgehetzt wird.“
Wie können die Nutzer zur Rechenschaft gezogen werden?
Richtet sich der Hasskommentar gegen eine einzelne Person, dann kann diese sich direkt an Facebook wenden und die Löschung des Kommentars verlangen. „Facebook ist in der Pflicht zu reagieren, sobald die Plattform Kenntnis von illegalen Inhalten bekommt. Zudem kann die betroffene Person eine Strafanzeige stellen“, so der Medienanwalt.
Was viele Hasskommentatoren unterschätzen: „Eine strafrechtliche Verfolgung ist über die Ermittlung der IP Adresse sehr gut möglich.“ Wer überführt wird, wird zunächst womöglich Besuch von Ermittlern bekommen, die die Wohnung durchsuchen und Computer & Co sicherstellen. Dem Täter drohen dann Strafen wegen Beleidigung, Verleumdung oder übler Nachrede. Hier kommt eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren in Betracht.
Anzeigen wegen Volksverhetzung auch von Dritten möglich
Richten sich die Hasskommentare gegen bestimmte Personengruppen, dann droht dem Täter eine Strafe wegen Volksverhetzung. „Es kommt nicht darauf an, ob die betroffene Personengruppe von dem konkreten Angriff erfährt“, sagt Solmecke. Eine Anzeige kann auch durch Zeugen – also Mitlesende erfolgen – dies ist sogar anonym und online möglich. „Verurteilungen wegen Volksverhetzung sind nicht selten. Es handelt sich um einen sehr ernst zunehmenden Straftatbestand“, sagt Solmecke. „Erst vor ein paar Monaten ist in Essen ein Mann verurteilt worden, weil er auf einer Demo „Tod und Hass den Zionisten“ gerufen und seine Aussage auf Facebook verteidigt hatte“.
Einige Menschen haben bereits öffentliche Listen mit einigen Kommentaren erstellt, um auf die Missstände im Netz aufmerksam zu machen und Nazis an den Pranger zu stellen. Davon rät der Medienanwalt aber dringend ab. „Wer die Kommentare von fremden Seite kopiert und samt Profilbild und Namen veröffentlicht, begeht eine möglicherweise eine Persönlichkeitsrechtsverletzung.“ Der Weg über Facebook oder eine Strafanzeige sei hier der Bessere.