Vorsicht vor In-App-Käufen: Die ganz legale Kostenfalle
Viele Apps fürs Smartphone sind gratis im Store zu bekommen. Nur wer Zusatzleistungen haben möchte, muss bezahlen. Diese sogenannten In-App-Käufe können allerdings schnell zur Kostenfalle werden – vor allem, wenn Kinder am Werk sind. *Sponsored Content
Der Smartphone-Boom ist weiter ungebrochen und das Gleiche gilt für den Rummel um die Software für unterwegs. Apps gelten als Milliardengeschäft und immer mehr Hersteller schicken sich an, Teil der lukrativen Branche zu werden. Mittlerweile zählt vor allem unterhaltsame Spielekost zu den größten Umsatzgeneratoren, die dem klassischen Videospiel für PCs und Spielekonsolen mittlerweile in vielerlei Hinsicht das Wasser abgraben.
Für Uneingeweihte dürfte ein kurzer Besuch in den gängigen App-Stores allerdings die eine oder andere Frage aufwerfen. Denn hier wird schnell deutlich, dass der Großteil der aktuell erfolgreichsten Apps kostenlos auf das mobile Gerät des Endnutzers aufgespielt wird. So mancher mag sich nun an die bereits seit einiger Zeit geläufigen Werbebanner erinnern, die dafür sorgen, dass etliche beliebte Smartphone-Tools wie Wörterbücher, Taschenrechner oder Gedächtnisstützen umsonst den Weg über die virtuelle Ladentheke absolvieren können.
Findige Entwickler gehen jedoch mittlerweile andere Wege, um sicherzustellen, dass sich die Entwicklung der begehrten Software lohnt. Hierzu bauen immer mehr Softwaretitel für unterwegs auf sogenannte In-App-Käufe, auch kurz „IAK“ oder Mikro-Transaktionen genannt. Die Ursprünge des Verfahrens lassen sich bis auf diverse in den 1990er-Jahren für den heimischen PC erschienene Spielsoftwaretitel zurückführen. Zum vieldiskutierten Medienthema avancierten In-App-Käufe allerdings erst mit der Einführung der beliebten App Stores.
In-App-Käufe können schnell teuer werden
Die genaue Anzahl an Titeln, die das vieldiskutierte Feature verwenden, ist kaum zu überblicken. Doch was sie allesamt gemeinsam haben: Die jeweiligen Apps ermöglichen es, mit wenigen Fingertipps zusätzliche Programmfeatures im Austausch gegen einen in der Regel ein- bis zweistelligen Geldbetrag freizuschalten. Von Apple wurde 2009 dafür die Bezeichnung „Freemium“ eingeführt – die Software selbst wird kostenlos (free) angeboten, stellt allerdings Funktionen bereit, die sich nur gegen einen Aufpreis (premium) nutzen lassen. Bezahlt wird komfortabel über die auf dem jeweiligen mobilen Gerät vorgesehene App-Store-Schnittstelle.
Daran mag auf den ersten Blick nichts verwerflich sein. Theoretisch könnte jeder nur die Features freischalten, die er wirklich benötigt, und somit sogar Geld sparen. Wenn allerdings das Geschäft mit dem Spieltrieb die Bildfläche betritt, können In-App-Käufe schnell substanziellen Schaden anrichten, und das besonders, wenn Kinder sie entdecken. Bei zynischen Naturen hielt sich die Überraschung mit Sicherheit in Grenzen, als binnen kurzer Zeit die ersten Spiele-Apps für jüngere User erschienen, in denen kostenpflichtige Funktionen einen zentralen Platz im Spielgeschehen einnahmen.
Vorsicht vor „Smurfs‘ Village“ und anderen (Negativ-)Beispielen
Wenn es um das umstrittene „Freemium“-Geschäftsmodell geht, sorgt die erfolgreiche, 2010 zuerst erschienene App „Smurf’s Village“ des japanischen Traditionsherstellers Capcom auch heute noch für Gesprächsstoff. Unter anderem ist der Fall einer Achtjährigen bekannt, deren Faible für die als spielinternen „Beschleuniger“ fungierenden „Schlumpfbeeren“ die iTunes-Rechnung ihrer Erziehungsberechtigten um ganze 1800 US-Dollar in die Höhe schießen ließ. Denn wer die wertvolle Leibspeise der beliebten blau-weißen Comicfiguren im Spiel mühsam „anbaut“, muss substanzielle Wartezeiten in Kauf nehmen. Um einiges schneller kommt im Spiel dagegen voran, wer die über den App-Store verknüpfte Kreditkarte sprechen lässt und die „Schlumpfbeeren“ käuflich erwirbt.
Keine Frage: Hier wird ein regelrechtes Geschäft mit der Neugierde und der sprichwörtlichen Ungeduld junger Nutzer getrieben, weswegen vor „Smurfs‘ Village“ und seinen zahlreichen Nachahmern nur gewarnt werden kann.
Hiermit ist die Palette an gelegentlich mehr und gelegentlich weniger subtilen Kniffen allerdings nicht erschöpft. Häufig Anwendung finden ebenso Zeitlimits, die gegen einen Geldbetrag beseitigt werden können, kostenpflichtige Boni, die das Fortkommen im Spiel erleichtern (zu den prominentesten Beispielen gehören beliebte Titel wie „Candy Crush Saga“) oder die „Spielregel“, dass wer als Verlierer aus einem spannenden Duell hervorgegangen ist, nur durch die Entrichtung eines Obolus weiterspielen kann.
Ein weiterer gebräuchlicher Kniff sieht vor, dass innerhalb der App sogar unterschiedliche „Währungen“ Verwendung finden, die dem Freischalten unterschiedlicher Features dienen und gleichermaßen unterschiedlich in „Realgeldbeträge“ umgerechnet werden. Wer nicht mit extremer Akribie über seine virtuellen Einkäufe Buch führt, kann so schnell den Überblick verlieren – und muss gegebenenfalls nach ein paar Stunden Spielspaß womöglich überraschenden Summen Lebewohl sagen.
Und auch zahlreiche Spieleentwickler, die länger im Geschäft sind, lassen sich nicht gerne vorwerfen, dass sie nicht mit der Zeit gehen. Als eines der aktuell am meisten diskutierten Paradebeispiele gilt die kürzlich erschienene, offizielle Fortsetzung des Kult-Hits „Angry Birds“. Während das Original, das bis heute über zwei Milliarden Mal heruntergeladen wurde, noch in einer kostenpflichtigen sowie einer durch Werbebanner finanzierten Variante erhältlich war, baut die offizielle Fortsetzung „Angry Birds 2“ konsequent auf In-App-Käufe. Wer etwa während seines Feldzugs gegen das böse Schweineimperium alle „Vogelgeschosse“ in den Sand gesetzt hat, wird in mittlerweile klassischer Manier zur Kasse geboten, um nicht beträchtliche Wartezeiten in Kauf nehmen zu müssen.
Der erste bekannte Fall, in dem In-App-Käufe – zumindest hierzulande – auch vor Gericht Furore machten, ereignete sich 2012. Die Verbraucherzentrale Bundesverband klagte gegen den Hersteller eines mit In-App-Käufen finanzierten Spieletitels für den heimischen PC. Die Organisation beanstandete hierbei die offensichtlich gezielte Ansprache von Kindern in durch das Software-Studio veröffentlichtem Werbematerial. Denn hier lag die Vermutung nahe, dass jüngere potenzielle Kunden gezielt angesprochen und spezifisch zum Kauf von kostenpflichtiger „Items“ im Spiel animiert werden sollten.
Der BGH gab der Klage in seiner Entscheidung vom 18. September 2013 (Az.: I ZR 34/12) statt und erkannte eine Verletzung der Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb. Zwei Jahre später wurden die fraglos größten „Global Player“ der Branche zur Verantwortung gezogen. Zuerst Apple und später Google stimmten 2014 einem Vergleich mit der US-amerikanischen Federal Trade Commission zu. Dieser sah vor, dass man sich zur Rückerstattung eines Schadens von 32,5 beziehungsweise 19 Millionen US-Dollar verpflichtete, der durch „unautorisierte“ Sprösslinge getätigte In-App-Käufe entstanden war.
Haben Apple und Google ausreichend nachgebessert?
Und auch anderweitig kündigten beide App-Riesen Konsequenzen an. Google implementierte postwendend eine detaillierte Übersicht über die Preisgestaltung von „Freemium“-Apps bei „Google Play“. Apple dagegen stellte die umstrittene Praxis ein, (auf den ersten Blick) kostenlos herunterladbare Titel durch die Bank mit der Bezeichnung „Gratis“ zu versehen – auch wenn diese auf das umstrittene Bezahlmodell bauten. Seit 2015 sind alle Entwickler zu einem expliziten Warnhinweis im App-Store verpflichtet. Was bis heute noch fehlt, ist allerdings ein Verfahren, die betroffenen Apps auf den ersten Blick deutlich zu erkennen – in sämtlichen gängigen App-Stores existieren weiterhin nur die Kategorien „Kostenlos“ und „Kostenpflichtig“. Wer also eine vielversprechende, neue App entdeckt hat, sollte vor dem Tippen auf den „Laden“-Button sicherheitshalber zuvor recherchieren, ob eventuell dubiose Finanzierungsmethoden zum Einsatz kommen. Hier leben „Early Adopter“ demzufolge besonders gefährlich.
Die gängigsten Plattformen bieten mittlerweile die Möglichkeit, die virtuelle Geldbörse gegen unerwünschten Zugriff auf In-App-Käufe abzusichern. Hierzu ist je nach Plattform entweder eine vollständige Deaktivierung oder die Einrichtung einer Passwortsicherung möglich. Die hierzu notwendigen Schritte können sich allerdings je nach Gerät und Betriebssystemversion unterscheiden. Das bedeutet mühselige Recherche, die Sie allerdings nicht auf die lange Bank schieben sollten. Denn hier handelt es sich momentan um die zuverlässigste Möglichkeit, um sich abzusichern.
Noch wichtiger ist allerdings der Dialog: Wer die brandneue Spiele-App auf dem Familien-iPad als elektronischen Babysitterersatz einplant, öffnet Problemen in jeder Hinsicht Tür und Tor. Eltern, die den neusten digitalen Zeitvertreib vielmehr zum Familienthema machen und gegebenenfalls am konkreten Beispiel die Tücken des Geschäfts mit dem schnellen Spielvergnügen aufzeigen, werden auf jeden Fall sicherer fahren.
Wer sich durch App-Abzocke geprellt fühlt, kann aktuell nur an die Kulanz des Herstellers appellieren. Ein gesetzlich geregelter Anspruch auf die Rücknahme von fehlerfreien Waren bzw. Softwareerzeugnissen – und hierzu gehören sinngemäß auch In-App-Käufe – existiert zu diesem Zeitpunkt nicht.
Johannes Schaack
Redakteur
Juristische Redaktion unseres Werbepartners anwalt.de services AG