Haften Wlan-Betreiber bald nicht mehr für ihr Funknetz?
Wer in Deutschland ein offenes Wlan betreibt, lebt gefährlich. Denn hierzulande gilt die Störerhaftung: Betreiber von frei zugänglichen Funknetzen haften für Rechtsverstöße, auch, wenn Fremde diese begangen haben. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) könnte das jetzt ändern.
Störerhaftung ist eine ziemlich deutsche Angelegenheit, vor allem beim Wlan. Wer in Deutschland ein freies Funknetz betreibt, muss damit rechnen, auch für die Verstöße Fremder über dieses Netz zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Wenn sich Dritte in dieses Funknetz einbuchen und darüber illegale Inhalte herunterladen oder tauschen, ist also zunächst einmal der Betreiber des Netzes im Visier. Beim ihm stehen unter Umständen die Kripobeamten vor der Tür; im Fall von Urheberrechtsverletzungen – etwa beim Tausch von Filmen und Musik – ist er es, den die Abmahnanwälte abkassieren.
Doch daran könnte sich nun – vielleicht – etwas ändern. Denn seit heute beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof mit der deutschen Störerhaftung.
Anlass ist der Fall des Gautinger Freifunkers Tobias McFadden. Das Mitglied der Piratenpartei hatte ein offenes Wlan betreiben und war prompt von der Firma Sony abgemahnt worden, weil über seinen Zugang Urheberrechtsverstöße begangen worden waren – von Dritten, wie der Gautinger sagt. 800 Euro sollte er deshalb bezahlen.
DEr Abgemahnte wollte sich das nicht bieten lassen und ging zum Gegenangriff über. Unterstützt von der Piratenpartei klagte er gegen Sony. Die deutsche Störerhaftung verstoße gegen EU-Recht, begründete er das. Ein Betreiber von WLAN-Internetzugängen dürfte nicht schlechter gestellt sein als ein DSL-Internetprovider. Für diese Provider gilt schon das sogenannte Providerprivileg, das die Durchleitung von Informationen weitgehend von der Haftung für die Inhalte freistellt.
Das Münchner Landgericht entschied über die Klage des Gautingers nicht, sondern legte stattdessen dem Europäischen Gerichtshof einen Fragenkatalog vor. Über den wird jetzt verhandelt.
Tobias McFadden ist sicher, dass seine Klage beste Erfolgsaussichten hat und erklärt dazu: „Die in Deutschland einmalige Störerhaftung verhindert, dass Privatpersonen und Betriebe für ihre Gäste und Kunden einfach und risikolos WLAN als Service anbieten können.“
Eine Entscheidung des EuGH wird erst in ein paar Monaten erwartet.