Überraschendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Streaming kann doch illegal sein
Streaming bei dubiosen Diensten wie kinox.to kann künftig gefährlich werden. Wer sich Filme aus illegalen Quellen ansieht, handelt nämlich rechtswidrig, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Fans von Film-, Serien- und Fußball-Streams im Internet drohen damit unter Umständen teure Abmahnungen.
Am Mittwoch hat der Europäische Gerichtshof (EzGH) über die Frage entschieden, ob Verlinkungen auf Streams von Filmen und Serien rechtswidrig sind, wenn die Streams ohne Zustimmung des Rechteinhabers ins Netz gestellt wurden. Außerdem haben die Richter damit auch geklärt, ob sich Nutzer rechtswidrig verhalten, wenn sie solche Streams anklicken (Az. C-527/15). Die wichtigsten Fragen zum Urteil.
Ist das Nutzen von Streaming-Diensten in Deutschland legal?
Bisher war das reine Streaming für Nutzer unbedenklich und rechtlich grundsätzlich rechtmäßig. Grundlage dafür war § 44a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG): Die Norm sagt, dass vorübergehende Vervielfältigungen, die nur flüchtig bzw. begleitend sowie wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sind und keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, zulässig sind. Allerdings nur dann, wenn deren alleiniger Zweck es ist, eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes zu ermöglichen.
Umgesetzt wurde in dieser Vorschrift die europäische Urheberrechts-Richtlinie 2001/29. Bisher ging man davon aus, dass beim Streaming diese Norm anwendbar ist und das Zwischenspeichern damit keine Urheberrechte verletzt.
Urheberrecht und Streaming: Mit welcher Frage hat sich jetzt der Europäische Gerichtshof beschäftigt?
Der EuGH sollte unter anderem klären, ob das Betrachten eines illegalen Streams und die damit einhergehende Vervielfältigung von der Ausnahmebestimmung erfasst und europarechtskonform sind. Das taten die Richter – und änderten drastisch die rechtliche Einschätzung zum Streaming.
Was entschieden die Richter?
Die richter entschieden, dass Mediaplayer, über die sich illegal Filme und Serien aus dem Internet streamen lassen, gegen EU-Recht verstoßen. Im Kern gingen die Richter davon aus, dass sich Nutzer immer dann illegal verhalten, wenn sie von der Rechtswidrigkeit des verbreiteten Streams Kenntnis hatten oder diese hätten haben müssen.
„Davon dürfte allerdings immer auszugehen sein, wenn aktuelle Kinofilme, die nicht legal abrufbar sind, im Internet im Wege des Streamings verfügbar gemacht werden“, so der Medienanwalt Christian Solmecke, der das Urteil als einer der ersten Juristen in Deutschland öffentlich kommentierte. Das heißt konkret: Wer Streaming-Dienste wie kinox.to nutzt, handelt künftig rechtwidrig – weil er wissen müsste, dass die Filme und Serien wohl ohne Erlaubnis dort gezeigt werden.
Droht jetzt bei Streaming eine neue Abmahnwelle?
Theoretisch könnten Nutzer von Streaming-Diensten mit dubiosen Quellen künftig nach der neuen Rechtslage teuer abgemahnt werden. Das wird aber wohl nur in Einzelfällen passieren. „Nutzer können nur über ihre IP-Adressen zurückverfolgt werden. Genau diese IP-Adresse ist jedoch nur dem illegalen Portal bekannt, welches meist anonym operiert und oft keine IP-Adressen speichert“, sagte Solmecke. In der Vergangenheit sei es der Polizei allerdings erfolgreich gelungen, die Server des kinox.to-Vorgängers kino.to zu überprüfen. In solchen Fällen müssen zumindest die Premiumnutzer, die Geld für den Dienst zahlen und so leichter zu ermitteln sind, mit Forderungen der Rechteinhaber rechnen.
Könnte nun auch Youtube zur Abmahn-Falle werden, wenn ich dort Filme oder Serie streame?
„Bei YouTube werden Nutzer davon ausgehen dürfen, dass die dortigen Inhalte rechtmäßig eingestellt wurden“, meint Anwalt Solmecke.