DSGVO: Erste Abmahn-Anwälte sind schon aktiv
Es war zu erwarten: Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat prompt die ersten Abmahn-Anwälte auf den Plan gerufen, die mit den Vorschriften Kasse machen wollen. Spannend ist nun, wie lange die Politik dem Treiben zusieht.
Seit 25. Mai 2018 gilt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Eine echte „Abmahnwelle“ rollt zwar noch nicht, trotzdem sind die ersten kleinen Unternehmen bereits ins Visier von Abmahn-Anwälten geraten.
Einem Betroffenen wird von einer Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei ein Wettbewerbsverstoß nach § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vorgeworfen, da er über seine Webseite durch die Nutzung des Dienstes Google-Fonts Nutzerdaten an Google weiterleite, ohne dass ein Einverständnis der Nutzer in die Datenweitergabe vorgelegen habe.
Da es Nutzern vor Weiterleitung der personenbezogenen Daten weder möglich war, dieser Weitergabe zuzustimmen, noch die Datenschutzerklärung zu lesen, stelle dies eine Verletzung des Art. 12 DSGVO dar. Von den Abgemahnten wird die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Erstattung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von rund 300 Euro gefordert, berichtet die Kanzlei Wilde Beuger Solmecke.
Google-Fonts sind Schriftarten, die von Google für Webseitenbetreiber bereitgestellt werden. Google-Fonts wird nahezu von jeder Webseite genutzt. Beim Abruf dieser Schriftarten wird die IP-Adresse des Webseitenbesuchers an Google übertragen. Ob man für den Einsatz von Google-Fonts tatsächlich eine vorherige Einwilligung des Nutzers benötigt, ist allerdings umstritten.
In einer weiteren sehr allgemeinen Abmahnung eines Augsburger Rechtsanwalts wird ein Verstoß gegen Artikel 12 DSGVO abgemahnt. Konkret wird beanstandet, dass der Betroffene seine Webseite betreibe, ohne die erforderlichen Datenschutzhinweise bereitzustellen. Hier wurde vom Abgemahnten offensichtlich gänzlich versäumt, überhaupt eine Datenschutzerklärung mit allen notwendigen Hinweispflichten gemäß Artikel 13 DSGVO auf der Webseite einzubinden. Auch hier werden eine Unterlassungserklärung sowie Kosten in Höhe von rund 730 Euro gefordert.
Bei dieser Abmahnung handelt es sich freilich gar nicht um eine DSGVO-spezifische Abmahnung. Dass das Fehlen einer Datenschutzerklärung einen Wettbewerbsverstoß darstellen kann, hatten zur alten Rechtslage in der Vergangenheit bereits mehrere Gerichte festgestellt. Die fehlende Datenschutzerklärung wurde von einigen Gerichten als Verstoß gegen das Telemediengesetz (TMG) gewertet.
Voraussetzung für „beide“ Verstöße ist jedoch, dass es sich bei den betroffenen DSGVO-Normen um sogenannte marktverhaltensregelende Normen handelt, damit überhaupt der Anwendungsbereich für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung eröffnet wird.
Ob die Abmahnungen Besrtand haben, ist aktuell unklar. Urteile deutscher Gerichte aus der Vergangenheit können nur bedingt zur Klärung herangezogen werden, da es sich bei der DSGVO um eine europäische Verordnung handelt, die auch im Lichte des EU-Rechts ausgelegt werden muss.
„Die ersten Abmahnungen zeigen zurzeit noch deutliche rechtliche Schwächen oder wurden sehr allgemein verfasst. Das könnte auch daran liegen, dass die Rechtsunsicherheit immer noch sehr groß ist. Selbst Abmahner wissen im Moment augenscheinlich noch nicht, was hinter vielen Regelungen der DSGVO steckt“, so Anwalt Christian Solmecke.
Bundesjustizministerin Katarina Barley hatte vor dem Start der DSGVO angekündigt, gegen dubiose Abmahnungen in diesem Zusammenhang vorzugehen. „Im Vergleich mit dem bisherigen deutschen Recht sind die Grundprinzipien der Datenschutzgrundverordnung weitgehend unverändert geblieben. Deswegen sehe ich auch die Gefahr von Abmahnungen, die viele Betroffenen fürchten, hier als gering an. Gegen das Abmahnungswesen werden wir aber insgesamt vorgehen. Das haben wir auch so im Koalitionsvertrag vereinbart“, sagte sie bei Spiegel Online.