„Um Missbrauch und wissentliche Falscheingaben zu vermeiden, wird Ihre IP-Adresse gespeichert. Anhand dieser Adresse sind Sie über Ihren Provider identifizierbar.“
Diese und ähnliche Sätze lesen wir oft auf Seiten mit versteckten Kosten, mit denen Abzocker im Internet auf Opferjagd gehen. Und auch beim anschließenden Inkasso-Stalking durch Inkassofirmen und Anwälte kommt die berüchtigte IP-Adresse ins Spiel. Die gespeicherte IP-Adresse beweise den Vertragsabschluss, heißt es dann bisweilen. Oder: Man sei über die IP einwandfrei identifizierbar und müsse bezahlen.
Stimmt das wirklich? Nein. Nachfolgend beantworten wir die häufigsten Fragen zur IP-Adresse und klären, was diese für angebliche Vertragsschlüsse bedeutet.
Auf der Seite XYZ steht, dass die meine IP-Adresse gespeichert haben und dass ich durch meinen Provider identifizierbar sei. Was heißt das genau?
Eine IP-Adresse ist so etwas wie eine Hausnummer im Internet. Sie ist notwendig, damit zwischen Ihrem Computer und dem des Anbieters überhaupt Daten ausgetauscht werden können. Es ist also völlig normal, dass Ihre IP-Adresse bekannt wird. Auch die Speicherung von IP-Adressen ist auf vielen Seiten üblich, vor allem, wenn sie für Abrechnungszwecke oder aus technischen Gründen erforderlich ist.
Identifizierbar sind Sie allerdings nur so lange, wie Ihr Internetanbieter (Provider) speichert, dass genau Sie mit dieser IP-Adresse im Internet waren. Das ist in der Regel nur wenige Wochen lang. Dubiose Firmen haben praktisch keine Chance, an diese Daten heranzukommen.
Ich habe auf einer Internetseite einen falschen Namen/eine falsche Adresse/ein falsches Alter angegeben. Kann man herausfinden, wer ich wirklich bin?
Ja, aber nur theoretisch und über sehr schwierige Umwege. Als “normaler” Internetsurfer bekommen Sie von Ihrem Provider (T-Com, Hansenet, Arcor, etc). bei jedem Internetbesuch eine neue dynamische IP-Adresse aus einem riesengroßen Pool von Adressen zugewiesen. Das heißt, Ihre IP-Adresse wechselt jedes Mal, wenn Sie ins Internet gehen.
Ihr Provider darf Privatpersonen oder Unternehmen aber nicht einfach so mitteilen, wer wann mit welcher IP-Adresse gesurft ist. Diese Daten gibt er nur dann heraus, wenn es einen Gerichtsbeschluss gibt, bzw. wenn die Polizei von einer schweren Straftat (wie Terrorismus oder Mord) ausgeht.
Der Betreiber einer Abofalle müsste also theoretisch Strafanzeige wegen Verdachts einer Straftat erstatten. Dann müssten Staatsanwaltschaft, Gericht oder Polizei davon überzeugt werden, dass eine wahrlich schwere Straftat von Ihnen begangen oder vorbereitet wurde. Danach erst könnte das Unternehmen im Wege der Akteneinsicht sehen, wer wirklich hinten der genannten IP-Adresse steckt – sofern diese Daten nicht schon längst gelöscht sind.
Glauben Sie wirklich, die deutsche Justiz wird diesen Aufwand betreiben, nur, um dubiosen Firmen mit fragwürdigem Angebot und Briefkastenadresse im Ausland zu helfen?
Wie oft sind Firmen über Staatsanwaltschaft und IP-Adresse an die richtigen Daten eines Internetsurfers gekommen?
Vor allem bei Urheberrechtsverletzungen (also zum Beispiel im Fall von Tauschbörsen, bei denen illegal Videos und Musik verteilt werden) kommt das regelmäßig vor. Bei Abofallen und anderen betrügerischen Internetangeboten mit gut versteckten Preisen ist kein einziger Fall bekannt.
Wie lange kann mein Provider herausfinden, dass ich zu einer bestimmten Zeit über eine bestimmte IP-Adresse gesurft bin?
Nachdem die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gekippt wurde, dürfen Verbindungsdaten nur mehrere Tage zu Abrechnungszwecken gespeichert werden, bei Flatrate-Kunden bisweilen gar nicht.
Ich habe eine Rechnung/Mahnung erhalten, in der (m)eine IP-Adresse aufgeführt wird. Ist das ein Beweis dafür, dass ich einen Vertrag abgeschlossen habe?
Nein. Ein Vertragsschluss hängt von ganz anderen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, ob Sie gewusst haben, dass Sie auf der Seite einen Vertrag eingehen. Ob Sie über die Einzelheiten des Angebots aufgeklärt wurden und klar und deutlich über den Preis und die Kostenpflicht informiert wurden. Die IP-Adresse allein könnte höchstens beweisen, dass jemand von Ihrem Computer aus zu einem bestimmten Zeitpunkt über Ihren Provider auf der Seite war. Mehr aber auch nicht.
Warum verweisen die Anbieter und Inkassofirmen dann immer auf die gespeicherte IP-Adresse, wenn sie Geld fordern?
Vermutlich deshalb, weil es Eindruck machen – und einschüchtern – soll. Gerade Unternehmen, die bei ihren Angeboten die Kosten verstecken, vom Ausland aus agieren, und vor Gericht schlechte Karten hätten ihre Forderungen einzuklagen, sind auf ein knallhartes Inkasso angewiesen. Der Verweis auf die gespeicherte IP-Adresse ist ein Weg, verängstigten “Kunden” zum “freiwilligen” Zahlen der erhobenen Forderungen zu bewegen.
So funktioniert die Abzocke mit verstecken Kosten
Beispiele für Internetseiten mit versteckten Kosten
Die sinnlose Drohung mit der gespeicherten IP-Adresse
Inkassofirmen und ihre dubiosen Drohungen
Mahnbescheid: Dichtung und Wahrheit
Die Rechtslage: Warum Opfer bei versteckten Kosten nicht zahlen müssen
Verbraucherzentralen raten: Nicht zahlen, nicht einschüchtern lassen
Das sollten Sie als Opfer einer Abofalle oder Kostenfalle tun
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