Inkassofirmen und ihre Drohungen

Inkassobüro ist ein Wort, das bei vielen Menschen Ängste auslöst, denn das klingt nach Ärger, nach hohen Kosten. Kein Wunder also, dass gerade dubiose Geschäftemacher gerne Inkassobüros und deren Drohungen einschalten, um an Geld zu kommen. Aber was dürfen Inkassobüros eigentlich?

Dass so viele Menschen Angst vor Inkassobüros haben, liegt vermutlich auch an der weit verbreiteten Unkenntnis darüber, was es mit Inkassobüros und -Anwälten auf sich hat, was sie dürfen – und was sie eben nicht dürfen. Deshalb hier: die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Inkasso, Inkasso-Büros, Mahnungen, Rechtsanwälte und dubiose Internetdienste.

Nur keine Angst: Gerade unseriöse Inkassofirmen bellen zwar, sie beißen aber nicht. Bild: Ben/Fotolia

Muss ich Angst haben, wenn ich Post von einem Inkassobüro bekomme?

Nein.

Was ist ein Inkassobüro eigentlich?

Inkassobüros sind Unternehmen, die ihr Geld damit verdienen, die Forderungen anderer Menschen einzuziehen. “Unternehmen” ist dabei relativ. Natürlich gibt es unter den Inkassobüros höchst seriöse Unternehmen. Allerdings kann auch ein 18-jähriger Schüler mit Schreibmaschine im Dachboden seiner Eltern – wenn er die Genehmigung hat – Briefe mit der Firmenbezeichnung Inkassobüro oder Forderungsmanagement schreiben. Sprich: Beeindruckende Briefköpfe und Titel sagen noch lange nichts darüber aus, mit wem man es zu tun hat.

Darf jeder Inkasso betreiben?

Nein. Um fremde Forderungen einziehen zu dürfen, braucht man eine (schriftliche) Erlaubnis des Landgerichts- oder Amtsgerichtspräsidenten des Bezirks, in dem man seinen Firmensitz hat. Wenn Sie nicht sicher sind, ob ein Inkassobüro eine Genehmigung hat, können Sie dies online im Rechtsdienstleistungsregister überprüfen. Denn dort muss jedes Inkasssobüro registirert sein.

Wichtig zu wissen:

  • Auch eine vorliegende Inkassoerlaubnis sagt nichts darüber aus, ob eine Forderung im Einzelfall berechtigt ist, oder nicht.
  • Allein die Registrierung bedeutet nicht, dass die Firma seriös arbeitet.
  • Über Inkassobüros, die es mit Recht und Gesetz nicht so ernst nehmen, können (und sollten!) Sie sich jederzeit beim örtlichen Gericht beschweren.

Was darf ein Inkassobüro?

Vor allem drohen. Inkassobüros verdienen ihr Geld damit, andere zur Zahlung von berechtigten (oder unberechtigten) Ausständen zu bewegen. Und das versuchen sie, indem sie per Post, Mail oder Telefon die Zahlung anmahnen – oder mit schlimmen Konsequenzen drohen.

Man hat mir geschrieben, dass ein Inkassobüro eingeschaltet werde, wenn ich jetzt nicht bezahle. Was heißt das?

Das heißt, dass ein Inkassobüro eingeschaltet wird, wenn Sie nicht bezahlen. Mehr nicht – auch wenn es nach einer Drohung klingen soll. Allein die Einschaltung eines Inkassobüros (oder auch Anwalts) sagt überhaupt nichts darüber aus, ob die Forderung zu Recht besteht oder nicht.

Dürfen mich Inkasso-Unternehmen bei der Schufa eintragen?

Nein. Zumindest nicht einfach so. Gerade bei dubiosen Unternehmen ist die Drohung mit einem Schufa-Eintrag zwar sehr beliebt. Fakt ist aber: Wenn Sie eine Forderung als unberechtigt ansehen und dies auch ausdrücklich mitgeteilt haben, müssen Sie vor Beweis des Gegenteils keine Sorge vor einem Schufa-Eintrag haben. Ganz im Gegenteil: Eine unberechtigte Drohung mit der Schufa-Eintragung kann nach Meinung einiger Juristen sogar als versuchte Nötigung (§§ 240, 22 StGB) oder versuchte Erpressung (§§ 253, 22 StGB) gewertet werden.

Auch mehrere Gerichte sind schon zum Schluss gekommen, dass Drohungen mit einem negativen Schufa-Eintrag illegal sind, wenn man einer Forderung widersprochen hat. So entschied zum Beispiel das OLG Celle. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat Verbraucher vor dubiosen Drohungen mit einem Schufa-Eintrag geschützt.

Auch wichtig zu wissen: Nur Firmen, die bei der Schufa Mitglied sind, können dort Einträge veranlassen. Die meisten unseriösen Inkassodienste sind kein Mitglied bei der Schufa.

Dürfen Mitarbeiter eines Inkassobüros in meine Wohnung und pfänden?

Nein. Anders als Gerichtsvollzieher haben Mitarbeiter von Inkassobüros kein Recht, Ihre Wohnung zu betreten. Gleiches gilt für Rechtsanwälte, die als Geldeintreiber arbeiten.

Wie läuft bei dubiosen Internetdiensten das Inkasso ab?

Internetdienste, die mit versteckten Kosten arbeiten, gibt es seit vielen Jahren. Seitdem ist auch das Inkassogebahren im Prinzip immer gleich. Es gibt zunächst eine Rechnung. Dann eine Mahnung. Dann die nächste Mahnung. Dann ein Brief von Rechtsanwalt oder Inkassobüro. Dann ein weiteres Schreiben von Anwalt oder Inkassobüro – mit höheren geforderten Kosten und schärferen Drohungen. Dann ein weiteres Schreiben. Dann nichts mehr. Außer, Büro oder Anwalt unternehmen einen (vor-)letzten Versuch: Sie bieten Ihnen an, einen Teilbetrag zu zahlen oder Ratenzahlung zu akzeptieren.

Besonders hartnäckige Unternehmen legen den Fall auf Wiedervorlage und drohen nach ein paar Monaten sogar noch einmal. Spätestens dann geben sie auf. Kein Wunder: Das Geschäftsmodell rechnet sich bereits, wenn sich nur zehn oder zwanzig Prozent der Opfer einschüchtern lassen und bezahlen. Andererseits werden Abzocker niemals riskieren, sich vor Gericht eine Klatsche einzufangen.

Was kann passieren, wenn ich das Geld für einen dubiosen Internetdienst (Kosten versteckt im Kleingedruckten oder in den AGB, Rechnung trotz nicht erhaltener Dienstleistung…) nicht bezahle?

Eigentlich nichts. In den vergangenen Jahren gab es nur zwei Fälle, in dem ein Unternehmen versucht hat, seine “Forderung” gerichtlich durchzusetzen – sie scheiterten. Die Gerichte wiesen die Forderung ab.

Selbst wenn das Unternehmen einen Mahnbescheid beantragen würde, müssten Sie diesem einfach nur widersprechen. Schon wäre der vermeintliche Gäubiger wieder in der Pflicht: Er müsste Klage auf Zahlung einreichen, die Kosten dafür vorstrecken – und beweisen können, dass seine Forderung zu Recht besteht. Gerade dubiosen Unternehmen wird das schwer fallen – trotz aller markigen Worte und Drohungen.

Und wie läuft das Inkasso bei seriösen Unternehmen ab?

Seriöse Inkassobüros und Inkassofirmen werden Sie zunächst schriftlich anmahnen. Dabei sind die Firmen verpflichtet, auf ihren Briefbögen auf ihre behördliche Registrierung hinzuweisen. „Finden Sie keine Registrierung, zeigen Sie das bei Gericht an“, so die Verbraucherzentrale Bayern. In dem Schreiben muss erkennbar sein, für wen hier Inkasso betreiben wird. „Darüber hinaus müssen sowohl der Vertragsgegenstand als auch das Datum des Vertragsschlusses konkret benannt werden“, betonen die Verbraucherschützer weiter. Auf Anfrage müsse die Inkassofirma außerdem mitteilen

  • die Anschrift des Auftraggebers (Postfach reicht dabei nicht),
  • Name oder Firma des (ursprünglichen) Gläubigers und
  • bei Verträgen die wesentlichen Umstände des Vertragsschlusses – zum Beispiel, ob dieser per Telefon oder persönlich geschlossen wurde.

Sollte nicht gezahlt werden und auch sonst keine Einigung zustande kommen, beantragt das (Inkasso-)Unternehmen einen gerichtlichen Mahnbescheid – der vom Gericht übrigens nicht auf seine Berechtigung hin überprüft wird. Wenn Sie diesem Mahnbescheid nicht innerhalb von 14 Tagen widersprechen (was sogar ohne Begründung möglich ist), beantragt der Gläubiger vor Gericht einen Vollstreckungsbescheid. Auch diesem könnten Sie noch widersprechen, wenn sie die Forderung als nicht berechtigt ansehen. Nur wenn auch das unterbleibt, kommt der Gerichtsvollzieher und vollstreckt.

Sprich: Sie haben jederzeit verschiedene Möglichkeiten, sich gegen unberechtigte Forderungen zur Wehr zu setzen. Im Zweifelsfall muss das Unternehmen dann beweisen, dass es das Geld zu Recht beansprucht.

Das Inkassobüro sagt, ich sei haftbar für den Vertrag, den mein minderjähriges Kind abgeschlossen hat.

Falsch. Verträge von Minderjährigen sind schwebend unwirksam. Das bedeutet: Wenn die Eltern dem Vertrag nicht ausdrücklich zustimmen, muss kein Geld gezahlt werden. Eine Einschränkung ist nur der so genannte Taschengeldparagraph. Der betrifft allerdings nur das Geld, das Eltern ihren Kindern ausdrücklich zur freien Verfügung übergeben haben.

Darf ein Inkassobüro mit Gewalt, nächtlichen Besuchen oder anderen empfindlichen Übeln drohen?

Nein. Wenn Sie derartige Drohungen erhalten, wenden Sie sich möglichst umgehend an Ihre örtliche Polizei oder Staatsanwaltschaft und erstatten Sie dort Strafanzeige wegen Nötigung und/oder versuchter Erpressung.

 

An wen wende ich mich, wenn ein Inkassobüro unlautere Mittel anwendet oder wissentlich unberechtigte Forderungen eintreibt?

Jedes Inkassobüro hat eine Aufsichtsbehörde, nämlich das örtlich zuständige Amtsgericht und da dessen Präsident als Verantwortlichen. Wenn Sie glauben, dass ein Inkassobüro unseriös arbeitet, sollten Sie sich direkt an das Gericht wenden und sich beschweren. Das sollte schriftlich, per Post oder Mail erfolgen. Fordern Sie dabei unbedingt ein schriftliche Auskunft darüber, wie das Gericht auf Ihre Beschwerde reagieren wird, bzw. reagiert hat.

Was bringt das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken?

2013 wurde das sogenannte Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken beschlossen. Demnach müssen Inkassofirmen nun klar und deutlich sagen, für wen sie Geld einfordern (Name oder Firma, auf Anfrage auch die ladungsfähige Anschrift des Auftraggebers), und für welche Leistung („konkrete Darlegung des Vertragsgegenstands“) sie Geld verlangen. Außerdem können die Aufsichtsbehörden bei Beschwerden besser als früher gegen unseriöse Inkassofirmen vorgehen.

Was ist, wenn ich mir trotz allem unsicher bin?

Wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt oder an die Verbraucherzentrale in Ihrem Ort. In beiden Fällen sind die Kosten für die Beratung überschaubar, bei der Verbraucherzentrale sogar weitaus günstiger als die Summe, die Sie ansonsten zahlen würden.

 

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