Identitätsdiebstahl kann Leben zerstören. Symbolbild: Jürgen Fälchle, Fotolia.com
Identitätsdiebstahl ist ein Delikt, das mit dem Siegeszug des Internets immer häufiger vorkommt. Obwohl in Deutschland (noch) keine Straftat, kann der Missbrauch fremder Identitäten enormen Schaden anrichten. Nicht nur finanziell: Karrieren und sogar Leben können zerstört werden, wenn Dritte die Identität eines Menschen missbrauchen. Lesen Sie in diesem Kapitel, was Identitäts-Diebstahl ist, wie man sich schützt und wie man sich als Opfer wehrt.
Identitätsdiebstahl: das gestohlene Ich
Unter Identitätsdiebstahl (englisch: Identity Theft) versteht man den Missbrauch des eigenen Namens oder persönlicher Daten durch unbefugte Dritte. Dieser Missbrauch kann im realen Leben geschehen, etwa, indem ein Betrüger mit dem Namen eines Opfers Waren einkauft oder unter dessen Namen Rechtsgeschäfte abwickelt. Er kann jedoch auch rein virtuell stattfinden.
Beim Identitäts-Diebstahl im Internet nutzen die Täter die Möglichkeiten des Internets, um in fremden Namen Straftaten zu begehen oder dem Opfer, dessen Name missbraucht wird, Schaden zuzufügen. In diesem Fall wird Identitäts-Diebstahl oft zu einem Bestandteil des Cyber-Stalkings.
Identitätsdiebstahl in der Praxis
Wenn Kriminelle Name oder Identität Dritter missbrauchen, verfolgen sie in der Regel eines von zwei Zielen. Entweder, sie wollen auf Kosten des Betroffenen finanzielle Vorteile erzielen. Oder sie wollen dem Betroffenen aus niederen Beweggründen wie Hass, nicht erwiderter Liebe, Neid, Missgunst oder Rache heraus schaden. Entsprechend unterscheiden sich auch die Formen des Identitäts-Diebstahls im Internet:
- Waren-Bestellungen: In diesem Fall bestellt der Kriminelle unter dem Name und der Adresse des Opfers bei Online-Shops oder Auktionshäusern Waren oder Dienstleistungen – entweder für den Betroffenen selbst oder sogar für Dritte.
- Namens-Missbrauch in Foren, bei Twitter, Facebook & Co: In diesem Fall schreibt der Täter unter dem Namen des Opfers in Blogs, Foren oder Sozialen Netzwerken mit – mit dem Ziel, das Opfer durch die Äußerungen zu diskreditieren.
- Erstellung falscher Profile in sozialen Netzwerken: Hier erstellt der Täter in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder WhatsApp Profile unter dem Namen seines Opfers. In der Regel wird er dann auch Beiträge unter diesem gefälschten Account verfassen, Nachrichten verfassen oder sich sogar mit Bekannten und Freunden seines Opfers unter der falschen Identitäts verlinken.
- Vortäuschung falscher Tatsachen: Hier missbraucht der Täter Namen oder persönliche Daten des Opfers, um über das Internet falsche Tatsachen zu behaupten oder Aktionen in Gang zu setzen – etwa, indem er unter dem falschen Namen Strafanzeigen erstattet, strafrechtlich relevante Dinge behauptet, Weblogs oder Webseiten startet und/oder diese persönlichen Daten in falschen Zusammenhang stellt.
- Falsche Verdächtigung und Unterstellung von Straftaten: Bisweilen täuschen die Kriminellen vor, ihr Opfer begehe Straftaten im Internet – oder sie begehen sogar tatsächlich Straftaten im Namen des Betroffenen. Beispiel: Der oder die Kriminellen beleidigen unter falschem Namen Dritte, bestellen Waren oder missbrauchen Kreditkartendaten. Ebenfalls vorgekommen: Die Täter veröffentlichen im Namen ihres Opfers Anschlags- oder Amoklauf-Ankündigungen. Ziel: Die Polizei soll dazu gebracht werden, die Wohnung des ahnungslosen Opfers zu durchsuchen, bzw. im Rahmen von Ermittlungen dessen Computeranlagen sicherzustellen.
Identitätsdiebstahl: die Rechtslage
Identitätsdiebstahl per se ist in Deutschland nicht als Straftat nach dem Strafgesetzbuch erfasst. Allerdings kann er unter bestimmten Umständen strafrechtlich geahndet werden, etwa als
- § 238 StGB Nachstellung: Wer einem Opfer unbefugt nachstellt, indem er „unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen“ kann mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Der § 238 StGB ist auch als Stalking-Paragraph bekannt.
- § 276 StGB Urkundenfälschung: Demnach kann bestraft werden, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr „eine unechte Urkunden herstellt„. Das kann unter Umständen der Fall sein, wenn man im Internet unter falschem Namen handelt.
- § 164 StGB Falsche Verdächtigung: Der falschen Verdächtigung macht sich strafbar, wer einen Dritten „öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen„.
- § 269 Fälschung beweiserheblicher Daten: Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, daß bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Neben der strafrechtlichen Verfolgung können Opfer von Identitäts-Diebstahl auch zivilrechtlich gegen den oder die Täter vorgehen, etwa durch Abmahnung, Unterlassungsklagen und/oder Forderung von Schadensersatz oder Schmerzensgeld.
In der Praxis werden zivilrechtliche Forderungen aber schwer sein, da der Täter zunächst nicht bekannt ist. Hier bleibt dem Opfer nur der Weg der Strafanzeige. Im Wege der Akteneinsicht bei den Ermittlungsbehörden kann dann der Name der Person herausgefunden werden, gegen die man zivilrechtlich vorgehen will.
Was tun als Opfer von Identitätsdiebstahl?
Wer Opfer von Identitätdiebstahl im Internet geworden ist, sollte schnell und möglichst umfassend reagieren, damit der Schaden nicht noch größer wird.
- Prüfen Sie, ob eine Straftat vorliegt. Wenn ja, erstatten Sie umgehend Anzeige mit Strafantrag bei einer Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei.
- Informieren Sie auf jeden Fall Ihre örtliche Polizeidienststelle darüber, dass Sie im Visier eines Kriminellen sind. Das kann sehr wertvoll sein für den Fall, dass der Täter zum Beispiel in Ihrem Namen Straftaten begeht oder ankündigt. Denn es hilft den Beamten, die Sachlage richtig einzuschätzen.
- Sollte Ihr Name in sozialen Netzwerken missbraucht werden, wenden Sie sich an die Betreiber der betroffenen Plattformen („Melden“-Funktion) und bitten diese 1. um Beweissicherung (Mailadressen bei der Anmeldung, IP-Adresse, Ausdrucke etc.) und 2. dann um zeitnahe Löschung.
- Wenn Ihr Name in einem sozialen Netzwerk missbraucht wird: Informieren Sie im gleichen Netzwerk auf Ihrem echten Account über den Vorfall und warnen Sie Ihre Freunde und Bekannten.
- Überprüfen Sie, welche persönlichen, bzw. sensiblen Daten von Ihnen im Umlauf sind und missbraucht werden können. Klopfen Sie vor allem soziale Netzwerke (Xing, Facebook, Twitter, Instagram etc.) auf persönliche Daten und Privatsphäre-Einstellungen ab und ändern Sie diese.
- Sofern Sie eine eigene Webseite oder ein Blog haben: Informieren Sie darauf sachlich(!) über den Sachverhalt.
- Informieren Sie Freunde und Bekannte, gegebenenfalls auch Nachbarn, Geschäftspartner und Arbeitgeber über die Tatsache, dass Ihr Name und/oder persönliche Daten von Dritten missbraucht werden oder wurden. Das hilft, Missverständnisse zu vermeiden.
- Informieren Sie Ihre Nachbarn, dass diese keine Warensendungen in Ihrem Namen annehmen sollen. Damit vermeiden Sie diue unter Umständen schwierige Rückabwicklung von Warenbestellungen, die in Ihrem Namen getätigt wurden.
- Ändern Sie umgehend alle wichtigen Passworte zu Ihren Internetdiensten: Mail, Facebook, Online-Banking, etc. Es ist nicht auszuschließen, dass der Täter sich zu Ihren Diensten Zugang verschafft hat oder sich verschaffen will.
- Überlegen Sie gezielt und in Ruhe, wer hinter den Taten stecken könnte. In den allermeisten Fällen handelt es sich eine Person, die in irgendeiner Beziehung zu Ihnen steht.
- Im Fall, dass der oder die Unbekannte tatsächlich Straftaten in Ihrem Namen begehen oder finanzielle Schäden anrichten, schalten Sie einen Rechtsanwalt Ihre Vertrauens ein.
Wichtig: Bleiben Sie ruhig, so schwer es Ihnen fallen mag! Panik und überstürzte Aktionen helfen Ihnen nicht, sondern allenfalls dem Täter.
Stellen Sie zunächst einmal sicher, dass Ihre Integrität gewahrt bleibt – etwa, indem Sie Ihr persönliches Umfeld und die Ermittlungsbehörden in Kenntnis über die Vorfälle setzen. Gehen Sie dann daran, finanzielle Schäden zu begrenzen. Erst dann sollten Sie daran gehen, den Verantwortlichen des Identitätsdiebstahls zu fassen.
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